Adolf Kempf, dreifacher OL-Weltmeister mit 95: «Bewegung ist mein Jungbrunnen»

Adolf Kempf ist dreifacher Weltmeister im Orientierungslauf. Obwohl er schon 95 Jahre alt ist, treibt er täglich Sport. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht. Er findet, dass für alte Menschen Bewegung zwingend ist.

Adolf Kempf, dreifacher OL-Weltmeister mit 95: «Bewegung ist mein Jungbrunnen»
Bild: Mario Ammann
Maja Sommerhalder

«Selbstbestimmt leben im Alter heisst für mich, dass man gesund ist. Mit meinen 95 Jahren ist das nicht selbstverständlich. Auch ich merke, dass die Leistung halbjährlich rapide abnimmt. Das ist aber nicht schlimm. Ich muss auch nicht der Schnellste sein. Vielmehr bin ich dankbar, dass ich noch so aktiv sein kann und als Orientierungsläufer Wettkämpfe bestreiten darf.

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Bewegung ist mein Jungbrunnen. Ich sage immer, die Jungen dürfen sich bewegen und die Alten müssen. Sonst baut der Körper ganz schnell ab. Ich treibe fast täglich Sport. Im Sommer stehen schnelles Gehen und Velofahren und im Winter Langlaufen auf dem Programm. Klassisches Langlaufen ist für die Gesundheit der beste Sport überhaupt. Man bewegt den ganzen Körper und schont dabei die Gelenke. In meinem Wohnort Reckingen (VS) habe ich die Loipen vor der Haustüre. Fast jeden Tag lege ich 20 bis 40 Kilometer zurück.

Ich sitze immer noch selbst am Steuer meines Busses

Mein Wettkampfsport ist und bleibt aber der Orientierungslauf (OL)– über 3000 Wettkämpfe habe ich bereits bestritten. In diesen Sommer gewann ich an der Senioren-Weltmeisterschaft in Ungarn drei Goldmedaillen. Eine grosse Leistung war das nicht. Schliesslich war ich der Einzige in meiner Alterskategorie und der Wettkampf war mit 35 Minuten vergleichsweise kurz.

Adolf Kempf sitzt immer noch selbst am Steuer seines Busses. (Bild: Mario Ammann)

Adolf Kempf sitzt immer noch selbst am Steuer seines Busses. (Bild: Mario Ammann)

Viel schwieriger war ein OL-Wettkampf in diesem Juni in Finnland. Ich war eine Stunde im anspruchsvollen Gelände unterwegs und auch die Reise nach Finnland war lang. Die siebenstündige Fahrt nach Ungarn macht mir hingegen nichts aus. Ich sitze immer noch selbst am Steuer meines Busses und kann mich dabei gut erholen.

Sieben Jahre lebte ich in Australien

Sport und Reisen prägten mein Leben. Schon als Kind sagte ich zu meiner Mutter, dass ich ganz weit weg will. Nach meiner Lehre zum Werkzeug-Mechaniker zog ich zuerst für zwei Jahre nach Schweden und dann nach Australien. Als ich mit meinen riesigen Koffern in Genua das Schiff bestieg, wusste ich nicht, ob ich Europa jemals wieder sehe.

1952 landete ich in Melbourne und erkundige dort die Natur. Ich merkte aber schnell, dass man Karte und Kompass beherrschen muss, um im Busch zurechtzukommen. Später leitete ich Exkursionen und unterrichtete Kartenkunde, bis ich nach sieben Jahren zurück in meinen Heimatkanton Uri kehrte. Mir wurde dort eine gute Stelle als Sportförderer angeboten. Ich organisierte während meiner Karriere viele Lager für Jugendliche in allen Sportarten.

Nächstes Jahr will ich nach Australien

Ich bin ein gläubiger Mensch und überzeugt, dass uns der da oben lenkt. Meine Jugend war nicht einfach. Als Kind habe ich meinen Bruder verloren – es war ein Unfall beim Spielen. Später erlebte ich, wie mein Vater dement wurde. Alles in allem blicke ich aber auf ein schönes und abenteuerliches Leben zurück und ich habe noch einiges vor. Für das nächste Jahr sind bereits OL-Wettkämpfe und eine Australienreise geplant. Mal schauen, ob es klappt.

Falls ich einmal nicht mehr so mobil sein sollte, werde ich schon eine Beschäftigung finden. Ich schaue gerne Sport im Fernsehen und schreibe jedes Jahr etwa 70 Briefe. Die meistens gehen nach Australien. Die Korrespondenz nimmt aber von Jahr zu Jahr ab, viele Freunde von mir sind bereits gestorben.

Aber das ist ja logisch, wenn man 95 ist. Ich verdanke mein hohes Alter wohl dem Sport und meinen guten Genen. Auf eine gesunde Ernährung habe ich nie besonders geachtet. Ich esse einfach, worauf ich Lust habe. Auf Wurst und Käse würde ich niemals verzichten.»