Meine Mutter hat Demenz (8): Weil sie das Trinken vergass, musste sie als Notfall ins Spital

2015 begann mit der beruhigenden Möglichkeit, dass die Nachbarin ab und zu nach der Mutter von Markus Frutig schaute. Das entlastete ihn sehr. Obwohl sie körperlich fit war, kam eine neue Herausforderung auf ihn zu: Seine Mutter trank zu wenig. Im Mai musste sie darum notfallmässig ins Spital.

Meine Mutter hat Demenz (8): Weil sie das Trinken vergass, musste sie als Notfall ins Spital
Markus Frutig

Zum Glück liebte und meisterte meine Mutter Anfang 2015 den Spazierweg an den Wochenenden zu mir und auch zum nahegelegenen Restaurant Schweizerhof im Zentrum Oberengstringens. Denn das besuchte sie gerne und immer regelmässiger.

Sie schaffte auch ein oder zwei Stunden lange Spaziergänge – gemütlich und mit Pausen. Ich war daher sehr froh und dankbar, dass sie sich allein auf den Weg machen konnte, wenn sie Hunger verspürte, als zu Hause vor dem TV zu sitzen.

Das frische Essen im Kühlschrank vergass sie

Sie begann zu diesem Zeitpunkt jedoch immer öfters zu vergessen, dass ich ihr den Kühlschrank voll frischer Lebensmittel überliess und sie genug Feines zu essen hatte. Dazu kam es öfters vor, dass sie zwar von ihrer Nachbarin Hedy und ihrem Mann zweimal pro Woche frisch zubereitetes Mittagessen erhielt, es aber auf dem Tisch stehen liess und es vorzog, ins Restaurant zu gehen. 

Hier bestellte sie dann ihre Lieblingsmenüs wie Pommes frites mit Wiener Schnitzel oder «Züri Gschnätzlets». Nicht selten kamen zwei Portionen Glace dazu… Dafür liess sie alles auch mal liegen – manchmal auch die Tasche mit dem Portemonnaie und ihre Brille.

Über den Autor und die weiteren Folgen

Markus Frutig (Jg. 1967) ist im Hauptberuf Kommunikationsexperte, Fachjournalist und Chefredaktor. Dazu berät er seine Kunden seit über 22 Jahren erfolgreich u.a. als ausgebildeter und zertifizierter Ernährungs-, Energiemedizin- und Orthomolekularberater. Durch die Demenzerkrankung seiner Mutter besitzt er dazu eine langjährige Praxiserfahrung in der Alters- und Demenzpflege. Auf helveticcare.ch schreibt er regelmässig darüber.

Meine Mutter hat Demenz: die weiteren Folgen

Teil 1: Die Anzeichen fielen mir zuerst gar nicht richtig auf
Teil 2: Den Arztbesuch schoben wir hinaus
Teil 3: Hilft eine alternative Behandlung?
Teil 4: Meine Gedanken fuhren Karussell
Teil 5: War die Verschnaufpause in Ägypten das Richtige?
Teil 6: In den Ferien fielen mir die Veränderungen erst richtig auf
Teil 7: Wie konnte ich sie dazu bringen, das Essen nicht zu vergessen?
Teil 9: Diese Hilfsmittel erleichtern den Alltag 
Teil 10: Unsere Lehre nach bangen Stunden im Spital

Genug zu trinken, wurde eine Herausforderung

Im Schweizerhof kennen alle meine Mutter und sie wurde hier wie ein Familienmitglied der äusserst netten srilankischen/tamilischen Inhaberfamilie und den Mitarbeitenden betreut und versorgt. Daher bekam ich öfters einen freundlichen Anruf, ihre Sachen abzuholen – oder manchmal eine offene Rechnung zu zahlen. Da meine Mutter mit Münchner Wurzeln zum Essen lieber ein «Herrgöttli» bestellte als Wasser, Apfelsaftschorle oder Tee, hatte ich darum gebeten, ihr immer unaufgefordert ein Glas Wasser zu geben.

Denn das Trinken wurde langsam zu einer Herausforderung, wie sich immer mehr herausstellte. Sie liess öfters das Glas Wasser im Restaurant stehen und orderte lieber eine oder zwei Tassen Milchkaffee. Das bereitete mir zunehmend Sorge. Denn Zwang ist niemals die Ultima Ratio. Aber wie weiter?

Zunehmender Wassermangel im Alter versus Kaffee

Wasser ist für alle biochemischen Vorgänge im Organismus von Hirn, Augen, Herz, Kreislauf oder Haut u.v.a. essenziell. Gerade mit zunehmendem Alter trocknen viele Menschen innerlich aus. Daher ist es umso wichtiger, je nach Körpergewicht 1,5 bis 2 Liter Wasser zu trinken – natürlich mit wasserhaltigem Obst, Gemüse oder Kräutertee eingerechnet. Denn zu viel kann den Nieren an den Kragen gehen.

Kaffee hingegen ist bei vielen aufgrund der massiven Werbung sehr beliebt, obschon es allgemein bekannt ist, dass es ein Genussmittel und grundsätzlich kein Getränk ist. Kaffee wirkt im Körper einerseits entwässernd und andererseits ist er aufputschend, was durch das Koffein als Suchtmittel verursacht wird. Nach neusten wissenschaftlichen Studien bewirkt Koffein noch weitere, heikle biochemische Reaktionen, die das Immunsystem betreffen, aber darauf gehe ich in einem der nächsten Blogs ein.

Wasser zu trinken, schickte sich für Damen nicht

Dass man leider viel zu oft das Trinken vergisst – ganz besonders während der Arbeit – ist nichts Neues. Bei der älteren Generation sind dazu eingetrichterte Verhaltensmuster und kulturelle Einflüsse mit im Spiel; denn ich habe von zahlreichen älteren Damen oder auch meiner Ernährungslehrerin Christina Kleiner-Röhr schon lange erfahren, dass es sich früher für eine Dame nicht schickte, (viel bzw. genug) Wasser zu trinken!

Äusserst fatal für die Gesundheit aller. Zwar gibt es sogar verschiedene Apps als Erinnerungshilfe, aber mit Demenz nützt leider weder ein Mobiltelefon noch eine solche App, wenn einen niemanden dazu auffordert, zu trinken.

Ohne Probleme bis fast zum Gipfel

Dass also meine Mutter viel zu wenig trank, war mir zu dieser Zeit leider nicht wirklich bewusst. Denn sie machte insgesamt mit ihren 86 Lenzen einen körperlich sehr fitten Eindruck. Auffallend war dies auf einem Tagesausflug am 8. April auf den Hohentwiel bei Singen (D).

Selbst anspruchsvolle Wanderungen waren für meine Mutter kein Problem.

Selbst anspruchsvolle Wanderungen waren für meine Mutter kein Problem.

Hier schaffte meine Mutter zwar gemütlich, aber mit Ausdauer und Willen den äusserst steilen Weg vom Restaurant auf mittlerer Höhe bis fast auf den Gipfel des erloschenen Vulkans am Bodensee und retour. Dazu ohne allzu grosse Pause oder abzusitzen. Das war eine echte Leistung und erfüllte uns beide mit grossem Stolz! Zu dem Zeitpunkt bemerkte ich keinerlei Kreislaufprobleme bei ihr.

Plötzlich als Notfall ins Spital

Manchmal muss einem der liebe Gott und das Schicksal etwas auf die Sprünge helfen. So kam es, dass meine Mutter einen guten Monat später am Dienstagabend, dem 19. Mai 2015 kein Abendessen zu sich nehmen wollte, als ich zu ihr nach der Arbeit heimkam.

Sie wollte nur im Bett liegen bleiben, wirkte erschöpft und komplett abwesend. Ich tastete ihren schwachen Puls. Da sie dazu über ein extremes Schwindelgefühl klagte und sich nicht auf den Beinen halten konnte, handelte ich rasch, denn gemäss www.swissheart.ch können u.a. starker Schwindel mit Gehunfähigkeit Zeichen für einen akuten oder bevorstehenden Hirnschlag sein.

Zum Glück hatte sie keine Brustschmerzen, welche auf Herzinfarkt hindeuten. Ich rief sofort die Notfallnummer vom Spital Limmattal an und informierte dazu ihre Nachbarin Hedy. Wir hatten dazumal noch kein Blutdruckmessgerät bei ihr, aber Hedy wollte uns ihres gleich bringen. Bange Stunden bahnten sich an.

Hier geht es zum Anfang der Themenserie. Wie es weiterging, erfahren Sie im Teil 9 und Teil 10

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