Es gibt schönere Post als die neue Krankenversicherungspolice, die an diesem grauen Herbsttag auf meinem Tisch liegt. Schliesslich ist die durchschnittliche Prämienerhöhung von 8,7 Prozent dieses Jahr besonders happig.
Und jetzt, als ich das Ganze schwarz auf weiss sehe, wird mir bewusst: Das ist ein grosser Budgetposten für mich. Am liebsten würde ich mit der neuen Police das Cheminée anfeuern und mich anderen Dingen widmen. Doch das wäre falsch. Schliesslich muss ich meine bestehende Krankenkasse in den nächsten Wochen kündigen.
Doch bringt das etwas? Es sind ohnehin alle etwa gleich. Was will ich denn in meinem Alter noch? Und: Wenn ich mich damit beschäftige, dann begreife ich das am Ende sowieso nicht.
Ich kann alle verstehen, die knurrend akzeptieren, was ihnen seitens ihrer Krankenkasse vorgelegt wird. Gleichwohl ein paar Hinweise, die zu beachten sind, wenn Sie sich der Sache dann doch noch annehmen sollten.
Über den Autor
Otto Bitterli hat sich ein Berufsleben lang an der Schnittstelle zwischen Privat- und Sozialversicherung bewegt. Er kommt ursprünglich von der Privatversicherungsseite (Winterthur) und hat dann bei der Sanitas als Geschäftsleitungsmitglied, als CEO und 1 Jahr als Verwaltungsratspräsident (VRP) gearbeitet. Aktuell ist er Berater und in mehreren VR und Boards tätig, unter anderem als VRP der Helvetic Care.
1. Die Grundversicherung kann auch im Alter «bedenkenlos» gewechselt werden
Die Grundversicherungen können Sie bedenkenlos wechseln, da die Leistungen im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) obligatorisch, bei jeder Krankenkasse, gedeckt sind. Eine Kündigung ist bis Ende November möglich.
Praxis der Krankenkasse
Allerdings lohnt sich ein Blick in die Praxis der jeweiligen Krankenversicherung, um zu schauen, ob diese grosszügig oder knausrig unterwegs ist. Dies ist insbesondere für all jene empfehlenswert, die keine Zusatzversicherung haben.
- So ist die Praxis bei den Off Label Use Medikamenten (OLU), also bei den nicht offiziell zugelassenen Medikamenten, erheblich unterschiedlich.
- Auch unterscheidet sich die Kostengutsprache-Dauer für physiotherapeutische und psychotherapeutische Behandlungen oft, damit ist die Anzahl bezahlter Therapiesitzungen gemeint.
Auch in einem Jahr ist Wechsel möglich
Sollten Sie mit der Praxis des gewählten Versicherers nicht zufrieden sein, dann können Sie in einem Jahr den Versicherer erneut wechseln.
Alternative Versicherungsmodelle: eine Bedürfnis- und nicht nur eine Preisfrage
Es gibt zudem eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen alternativen Versicherungsmodellen. Sehr häufig werden diese über die Höhe der damit verbundenen Rabatte verkauft. Ein Blick dahinter lohnt sich.
Einige Beispiele von Versicherungsmodellen
- Modelle, die ideal auf gewisse – vor allem chronische – Krankheiten zugeschnitten sind.
- Modelle, die den direkten Zugang zum Spezialisten unterstützen.
- Modelle, welche telemedizinische Behandlungen fördern.
Da spielt das eigene Bedürfnis und nicht nur der Preis eine zentrale Rolle. Wenn Sie die für sich optimale Form der Versorgung gefunden haben, lohnt sich das auf alle Fälle. Gerade bei zunehmendem Alter wird dies für viele immer wichtiger. Lassen Sie sich ein alternatives Versicherungsmodell nicht aufschwatzen und entscheiden Sie nicht allein aufgrund des Preises!
Empfehlungen der Helvetic Care
Helvetic Care empfiehlt Ihnen, das alternative Modell «PrimaFlex» unseres Partners Groupe Mutuel zu prüfen. Dieses Modell ist ein sogenanntes «gemischtes Modell», das Ihnen den Zugang zur Gesundheitsversorgung via Telemedizin, Apotheke oder Arzt bietet. Es lässt Ihnen grosse Bewegungsfreiheit und Selbstbestimmung.
Es ist insbesondere auch für jene Menschen geeignet, die aktiv mithelfen wollen, die Medikamentenkosten positiv zu beeinflussen: Sie werden bei der Verwendung von Generika direkt belohnt, indem die Kosten für Medikamente nicht der Franchise unterliegen und Ihnen lediglich zu 10 Prozent (Selbstbehalt) in Rechnung gestellt werden.
Im Weiteren sind in diesem Modell präventive Brustkrebsuntersuchungen eingeschlossen. Dies bietet für die Frauen eine zusätzliche Versorgungssicherheit.
Zudem könnte Ihnen eine persönliche und kostenlose Beratung durch die Fachleute der Groupe Mutuel im Dschungel von Tarifen, Rabatten, Jahresfranchisen, alternativen Versicherungsmodellen, Maximalrabatten, Ausnahmen oder Gesetzesbestimmungen sehr hilfreich sein!
Mehr erfahrenFranchise, Unfalleinschluss?
Wählen Sie die für Sie richtige Franchise: Überlegen Sie sich, ob Sie im nächsten Jahr voraussichtlich viele Leistungen beanspruchen müssen oder nicht. Beachten Sie dabei auch die maximale Kostenbeteiligung, die je nach Franchise unterschiedlich ausfällt und zu einer, zusätzlich zur Franchise, Kostenbelastung führen kann.
Unfalleinschluss: Überprüfen Sie, ob Sie gegen Unfall versichert sind oder nicht. Alle, die eine obligatorische Unfallversicherung (UVG) haben, können diese in der Krankenpflege-Grundversicherung ausschliessen. In jedem Fall ist die subsidiäre Unfallversicherung in der obligatorischen Krankenversicherung (KVG) gegeben.
Wahl des neuen Versicherers - Kündigung
Haben Sie einen neuen Versicherer ausgewählt, dann lassen Sie sich eine Offerte erstellen. Falls Sie mit der Offerte zufrieden sind, schliessen Sie die neue Versicherung ab. Jeder Versicherer wird Ihnen dabei behilflich sein, die bestehende Police spätestens Ende November zu kündigen. Achtung: Es passiert ziemlich häufig, dass die bestehende Police nicht ordnungsgemäss gekündigt wird, was zu Problemen, wie Doppelversicherung, führen kann.
2. Was mache ich mit meiner Zusatzversicherung?
Kommen wir auf das eingangs beschriebene Szenario zurück: Wenn Sie Ihre Police zur Hand nehmen und (wie ich) sehen, dass Sie für die Zusatzversicherung mehr bezahlen als für die Grundversicherung, bleiben Sie ruhig. Sehen Sie von einer spontanen Kündigung ab. Schlafen Sie darüber und schauen Sie sich die Situation am nächsten Tag genauer an:
Was ist überhaupt versichert?
Viele haben eine «kleine» Zusatzversicherung für ambulante Leistungen und einige haben zusätzlich eine «grössere» Deckung für die Spitalleistungen (Allgemein ganze Schweiz, Listen-, Nichtlisten-Spitäler, Halbprivat, Privat oder sogenannte Flex-Produkte).
Kleinere Bausteine
Schauen Sie bei den «kleineren» Bausteinen, welche Leistungen genau versichert sind. Überlegen Sie sich, ob Sie diese Leistungen überhaupt je in Anspruch nehmen. Falls ja, überlegen Sie sich, wie viel Prämien Sie dafür bezahlen und ob Sie das - wenn Sie es denn benötigen - auch selbst bezahlen könnten.
Die «kleinen» Bausteine beinhalten bei den meisten Versicherern ein Sammelsurium von unterschiedlichsten Leistungen: von Zahnfehlstellungskorrekturen, über alternative Behandlungsmöglichkeiten bis hin zu Leistungen an Brillen. Diese Leistungen werden je nach Alter von den Versicherten sehr unterschiedlich beansprucht. Eventuell können Sie das Risiko einer Kündigung eingehen und die von Ihnen womöglich künftig beanspruchten Leistungen selbst bezahlen.
Kündigung ist unwiderruflich
Beachten Sie bei einer Kündigung, dass diese «unwiderruflich» ist. Sie werden ab einem gewissen Alter keine Versicherung mehr finden, welche Sie aufnehmen wird!
Grössere Bausteine
Anspruchsvoller wird es bei den «grösseren» Bausteinen – sprich, den Spitalversicherungen. Schauen Sie sich auch hier die versicherten Leistungen genau an. Einige gewähren zum Beispiel auch Leistungen im Pflegefall, die bei Bedarf finanziell sehr entlastend wirken können.
Zudem empfehle ich dringend, sich mit der Art der Finanzierung auseinanderzusetzen:
- Bin ich in einer Versicherung, welche die Prämien mit dem Alter (meistens in 5-Jahresschritten) anpasst?
- Wie hoch wird meine Prämie mit 65, 70, 75 etc. sein?
- Werde ich mir das künftig leisten können?
- Bin ich in einer Versicherung, in der das «Alter» ausfinanziert ist (selten) und ich nicht mit bereits heute festgelegten Prämiensprüngen rechnen muss?
Wichtig zu wissen, ist zudem, dass die Finma sämtliche Prämien- und Produkteanpassungen prüfen und genehmigen muss.
Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach
Möchten Sie wissen, wie sich die Prämie Ihrer halbprivaten und privaten Spitalzusatzversicherung entwickelt? Dann erkundigen Sie sich bei Ihrer Versicherung.
Eine Vorlage des Mails erhalten Sie, wenn Sie auf den jeweiligen Link Ihrer Krankenkasse klicken. Ein vorgeschriebenes Mail öffnet sich in Ihrer Mail-Applikation und Sie brauchen nur noch auf «Senden» zu klicken.
Arzt- und Spitalwahl: relevant oder eine Mär?
In den meisten Zusatzversicherungen ist die freie Arzt- und Spitalwahl und das Einer- bzw. das Zweierzimmer versichert. Es wird aktuell kolportiert, dass diese Arzt- und Spitalwahl mit der Empfehlung des behandelnden Arztes ja faktisch entschieden wird und ich dann eh mache, was sie mir sagen. Dass diese im konkreten Fall deshalb sowieso nicht gegeben sei.
Da bin ich entschieden anderer Meinung: Sie können sehr wohl in vielen Belangen selbst Entscheide treffen. Sie können mit Belegärzten vom ambulanten in den stationären Bereich und wieder zurückwechseln. Sie haben das viel zitierte Continuum of care – das heisst, wenn Sie den «richtigen» Arzt gefunden haben, bleibt dieser Ihnen auch erhalten.
Auch ist es längst nicht so, dass ich auch in der Grundversicherung das Einer- bzw. das Zweierzimmer garantiert hätte. Ich persönlich möchte zudem in ein Spital eintreten, bei dem ich nicht das Gefühl habe, ich würde da noch kränker als ich es sonst schon bin.
Beachten Sie die Kündigungsfristen
Beachten Sie, dass die Kündigungsfristen bei den Zusatzversicherungen anders sind als bei der Grundversicherung. Falls Sie keine Prämienanpassung bei der Zusatzversicherung haben, dann hätte eine Kündigung bereits per Ende September erfolgen müssen. Bei einer Prämienanpassung können Sie bis Ende Dezember kündigen.
Was bringt die Zukunft?
Wenn Sie als ältere Person jetzt die Spital-Zusatzversicherung kündigen, dann ist das unwiderrufbar. Kein Versicherer wird Sie künftig erneut privat versichern.
Vieles in Bezug auf die künftige Gesundheitsversorgung in der Schweiz ist offen. Eigentlich müssten digitale, telemedizinische Elemente konsequent gepusht werden. Eigentlich müsste die ambulante Versorgung durch Spezialisten viel stärker gefördert werden, um so die stationäre Seite zu entlasten.
Grosse Veränderungen, die (noch) am System und an den Besitzständen scheitern. Es ist allerdings eine Frage der Zeit, wann sich die entsprechenden Fortschritte durchsetzen werden und zu einer Reduktion der Kosten führen. Unklar ist auch, wie das Gewicht zwischen sozialer und privater Gesundheitsversorgung ausfällt.
Genau in dieser Situation möchte ich persönlich weiter handlungsfähig sein. Deshalb empfehle ich sehr, nicht einfach zu kündigen und auf Spitalzusatzversicherungen zu verzichten, auch wenn der Mehrwert aktuell nicht voll erkennbar und berechenbar ist. Wenn es sich finanziell irgendwie machen lässt, dann würde ich auf eine private Deckung nicht verzichten.
Was sind die Alternativen?
Es besteht die Möglichkeit, die bestehende Deckung anzupassen und zu reduzieren. Dies kann beispielsweise bei der grundsätzlich gleichbleibenden Deckung in der Erhöhung der Kostenbeteiligung liegen, so zahle ich beispielsweise die ersten 5000 Franken selbst.
Oder es kann in einer effektiven Reduktion der Deckung sein, zum Beispiel von Privat auf Halbprivat oder von Halbprivat auf Allgemein. Sehr beliebt sind sogenannte Flex-Modelle, bei denen ich im konkreten Fall entscheiden kann, welche Zimmerkategorie ich wähle.
Lassen Sie sich beraten
Sie sind unter 55 Jahre? Machen Sie ein kostenloses Beratungsgespräch zur Spitalzusatzversicherung im Alter. Denn mit dem richtigen Produkt können Sie langfristig viel Geld sparen.
Sie sind über 55 Jahre? Prüfen Sie einen Wechsel in das Produkt Hôpital Senior. Sie können in jedem Alter wechseln, sofern Sie gesund sind. Ausserdem ist die Versicherung für Seniorinnen und Senioren vergleichsweise günstig.
Was sind die Konsequenzen bei den Alternativen?
Eine einmal zurück genommene Deckung kann später nicht wieder aufgelebt werden. Der Versicherer wird damit verbunden eine Gesundheitsprüfung veranlassen und die individuelle Situation berücksichtigen. Dabei spielt das Alter, das wissen wir ja alle, eine grosse Rolle.
Sei es mit Flex-Modellen oder mit höheren Selbstbehalten: Sie werden in Zukunft im Bedarfsfall Geld einbringen müssen. Es ist deshalb ratsam, derartige Entscheide auch mit dem künftigen Kapitalbedarf anzuschauen.
Ein «Sparbatzen», frei verfügbares Kapital, wird notwendig sein. Und dies nicht nur im Hinblick auf die Pflege, sondern auch im Hinblick auf die nach den eigenen Bedürfnissen gestaltete medizinische Versorgung.