AHV-Reform: «In anderen europäischen Ländern ist das Rentenalter schon längst höher als 65 Jahre»

Soll das Rentenalter der Frauen auf 65 Jahre erhöht werden? Darum geht es unter anderem bei der AHV-Reform, über die wir bald abstimmen. Warum ist die «AHV 21» so wichtig und was bedeutet sie für die Altersvorsorge? Antworten hat Dominik Glaser von der Baloise.

AHV-Reform: «In anderen europäischen Ländern ist das Rentenalter schon längst höher als 65 Jahre»
Baloise

Herr Glaser*, am 25. September stimmen wir über zwei AHV-Vorlagen (siehe Box) ab. Was ist Ihre Prognose?
Dominik Glaser: Ich tippe auf ein knappes Ja, das von der Deutschschweiz gesteuert wird. Die Westschweizer werden die «AHV 21» eher ablehnen.

Warum ist ein Ja für Sie wichtig?
Ein Nein würde uns um Jahre zurückwerfen, was die künftige Finanzierung der AHV angeht. Ohne die Erhöhung der Mehrwertsteuer und des Rentenalters schreibt die AHV ab 2025 rote Zahlen. Die Lebenserwartung in der Schweiz ist in den letzten Jahren gestiegen und wird wohl noch mehr steigen. Das ist zwar schön, aber muss irgendwie finanziert werden. Davor können wir die Augen nicht verschliessen, sondern müssen etwas tun. In anderen europäischen Ländern wie Deutschland ist das reguläre Rentenalter schon längst höher als 65 Jahre.

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Die Gegnerinnen und Gegner kritisieren, dass die Reform auf dem Buckel der Frauen ausgetragen wird, indem sie länger arbeiten müssen.
Das Rentenalter der Frauen wird mit der schrittweisen Erhöhung von 64 auf 65 Jahre demjenigen der Männer angeglichen. Da Frauen im Durchschnitt drei Jahre älter werden als Männer und somit auch länger Rente beziehen, kann ich der Aussage nicht beipflichten.

Trotzdem erhalten Frauen oft viel weniger Rente als Männer.
Aus der AHV erhalten Frauen überproportional viel Geld – im Verhältnis zu dem, was sie einbezahlen. Meist weniger Rente bekommen Frauen aus der Pensionskasse, da sie etwa aus familiären Gründen Teilzeit arbeiten und dadurch weniger einzahlen.

Wird die AHV-Reform angenommen, profitieren viele Frauen von der Übergangsregelung – ändert sich dadurch etwas in ihrer Altersvorsorge?
Frauen mit den Jahrgängen 61 bis 69 erhalten eine lebenslange Ausgleichszahlung zwischen 50 und 160 Franken – je nach Einkommen. Die individuelle Planung der Altersvorsorge bleibt aber wichtig und ist abhängig von der jeweiligen Lebenssituation.

Wie wichtig ist es, dass man vor seiner Pensionierung seine Finanzen anschaut?
Eine Pensionsplanung ist sehr wichtig und wird immer wichtiger. Jeder sollte die Verantwortung über seine Finanzen übernehmen – auch im Hinblick auf eine mögliche Invalidität oder auf einen Todesfall.

Merken Sie bei Ihren Pensionsplanungen, dass sich die Bedürfnisse der zukünftigen Generation der Senioren ändert?
Das Bedürfnis nach zunehmender Flexibilisierung des Rentenalters nimmt zu. Hierzu gehören auch Teilzeitmodelle. Die AHV-Reform unterstützt diesen gesellschaftlichen Prozess.

AHV-Reform: Um was geht es?

Die Schweizerinnen und Schweizer stimmen am 25. September über die Stabilisierung der AHV (AHV 21) ab. Mit der Reform sollen die Finanzen der AHV gesichert und die Rentenleistungen erhalten werden. Es geht um zwei Vorlagen: Die erste sieht im Wesentlichen die Erhöhung des Rentenalters von Frauen von 64 auf 65 Jahre vor. Zweitens soll die Mehrwertsteuer von heute 7,7 auf 8,1 Prozent angehoben werden. Wird einer der beiden Vorlagen abgelehnt, tritt auch die zweite nicht in Kraft.

Bürgerliche Parteien und Wirtschaftsverbände unterstützen die Reform, linke Parteien sowie die Gewerkschaften lehnen sie ab.

2024 hat das Stimmvolk entschieden, dass Pensionierte eine 13. AHV-Rente erhalten. In unserem Ratgeber erfahren Sie, wann Sie diese bekommen.