«Ich habe mir schon während meines Berufslebens Gedanken, um das selbstbestimmte Leben im Alter gemacht. Deshalb bin ich mit 62 Jahren als Direktor des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) freiwillig zurücktreten. Dies auch in Absprache mit meiner Frau. Denn als BAG-Direktor ist man derart eingespannt, sodass freie Wochenenden eher die Ausnahme sind. Man ist praktisch mit zwei Personen verheiratet.
Eine Work-Life-Balance in dieser Funktion ist schwierig, man ist unter Dauerbeschuss. Bei gewissen Parteien hat man fast schon etwas falsch gemacht, wenn man nicht kritisiert wird. Um hier bestehen zu können, braucht es eine gewisse Freude am Konflikt. Man muss sich für seine Positionen einzusetzen, um eine Mehrheit hinter sich zu bringen. So war mir etwa klar, dass ich mir nicht nur Freunde mache, als ich in den 90er-Jahren Tabak- oder HIV-Prävention betrieb.
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Zu unseren AngebotenEinmal haben Unbekannte sogar meinen Briefkasten mit Kuhmist gefüllt und ich wurde auch in meiner Freizeit immer wieder von Fremden auf der Strasse auf meine Tätigkeit angesprochen. Natürlich musste ich mich hier abgrenzen, ich wollte ja auch mal am Samstag in Ruhe mit meiner Frau einkaufen.
Ich achtete sowieso stets auf eine Abgrenzung zwischen mir als Privatperson und meiner beruflichen Funktion. So war ein geplantes Abendessen mit Freunden oder mein Sport über Mittag für mich genauso unumstösslich wie ein Termin mit dem Bundesrat. Ebenfalls hatte und habe ich das Glück, gesundheitlich gut unterwegs zu sein. Als ich Ende 50 war, wurde bei mir zwar zweimal Krebs festgestellt, der sich aber jeweils gut behandeln liess.
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Meine Zeit beim BAG ist nun 13 Jahre her, doch ich bin mit der Behörde noch immer verbunden. Während der Pandemie habe ich bei der Impfstoff-Beschaffung geholfen, weil Leute ausgefallen sind. Corona ist ein Jahrhundertereignis und alle Involvierten beim BAG stehen stark unter Druck. Auch mit dem medialen Dauerbeschuss muss man umgehen können. Da ist es wichtig, dass es zwischendurch auch Erholungsphasen gibt. Denn Corona ist noch nicht vorbei. Im Herbst könnte es nochmals kritisch werden.
Prof. Dr. Thomas Zeltner wurde 1947 in Bern geboren. Der Mediziner und Jurist leitete von 1991 bis 2009 das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Er gilt als innovativer Vorreiter im öffentlichen Gesundheitswesen. So lancierte er etwa in den 90er-Jahren ein revolutionäres Drogenprogramm, indem an Schwerstsüchtige ärztlich kontrolliert Heroin abgegeben wurde. Ebenfalls machte er in dieser Zeit mit einer provokanten Stop-Aids-Kampagnen von sich reden. Mit 62 Jahren liess sich Zeltner frühpensionieren und ist seither in zahlreichen Funktionen aktiv (siehe weiter unten).
Die Unterstützung beim BAG ist nur eine meiner heutigen Aufgaben – nach meinem Rücktritt orientierte ich mich nochmals neu und baute mir eine zweite Karriere auf. Mir war es dabei wichtig, etwas zurückzugeben. In folgenden Bereichen war und bin ich unter anderem seit meiner Frühpensionierung aktiv:
Das klingt nach viel Arbeit, tatsächlich ist mein Leben deutlich ruhiger als früher. Ich habe etwa ein 50- bis 60-Prozent-Pensum, die Abende und Wochenenden sind meistens frei. Daneben verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie. Jeden Montag kommen meine Enkel zum Zmittag und ich bin mit meiner Frau oft auf Reisen. Regelmässiger Sport ist ebenfalls wichtig. So fahre ich viel Velo und treibe Krafttraining.
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Für mich steht fest: Mit 65 Jahren sollte das Berufsleben nicht vorbei sein. Dieses Modell stammt aus dem 19. Jahrhundert, ein flexibles Rentenalter wäre zeitgemäss. Insgesamt ist das Leben im Alter in der Schweiz sehr gut – im internationalen Vergleich sind wir auf einer Insel der Glückseligen. Wir sind finanziell und materiell abgesichert und es gibt genügend Hilfsangebote.
Allerdings haben es auch hier die Wohlhabenden und Gebildeten leichter. Sie sind oft besser integriert, leben gesünder und haben einen besseren Zugang zur medizinischen Versorgung. Man muss schauen, dass die soziale Ungleichheit nicht wächst und die sozial Schwächeren nicht isoliert werden. Die organisierte Nachbarschaftshilfe sollte etwa weiter ausgebaut werden. Wichtig ist auch, dass die Menschen im Alter ihre Gehfähigkeit erhalten – künstliche Hüftgelenke können dabei sehr hilfreich sein.
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Pflege- und Altersheime wird es wohl immer brauchen, aber der Grossteil der älteren Menschen wird künftig zu Hause leben können. Die Digitalisierung macht es möglich. Ich selbst habe für den Ernstfall mit einer Patientenverfügung, einem Organspendeausweis und einem Testament vorgesorgt. Man muss sich damit frühzeitig auseinandersetzen, wenn man im Alter selbstbestimmt leben möchte.»
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