Meine Mutter hat Demenz (6): In den Ferien fielen mir die Veränderungen erst richtig auf

Mit der Reise nach Ägypten ging für die demente Mutter von Markus Frutig ein grosser Wunsch in Erfüllung. Obwohl die beiden das Hotel schon zum 14. Mal besuchten, war diesmal vieles anders. So fiel seiner Mutter Alltägliches schwer. Doch sie entdecken auch einen neuen Therapieansatz.

Meine Mutter hat Demenz (6): In den Ferien fielen mir die Veränderungen erst richtig auf
Markus Frutig

Dank der guten Vorbereitungen für die Reise und einer gut sortierten Hausapotheke sollte also die Basis für zwei Wochen erholsame Ferien in Ägypten gelegt sein. Die Flugreise im Dezember 2014 von Zürich nach Marsa Alam und der einstündige Hoteltransfer nach El Quseir mit dem ganzen Prozedere hatten wir geschafft. Und so begann der erste Ferientag in unserem geliebten von einer Schweizer Managerin geführten Fünfstern-Hotel gemütlich eine halbe Stunde vor Buffetschluss um 10.30 Uhr. Denn meine Mutter liebt es ebenfalls sehr, lange auszuschlafen. Da es mit etwa 22 Grad schon ziemlich warm wurde, machten wir uns auf, um noch etwas Feines vom Buffet zu erhaschen.

Das Anziehen dauerte deutlich länger

Aber da stellten sich Änderungen aufgrund ihrer Demenz ein, die ich erst jetzt so offensichtlich sehen konnte; meine Mutter benötigte für die Morgenwäsche und das Umziehen deutlich länger, als ich es von ihr von zu Hause oder früheren Besuchen hier im Hotel kannte. Wir hatten zwar den Schrank mit ihren Kleidern am Abend zuvor gemeinsam eingeräumt und da die Hotelzimmer vom Grundriss alle sehr identisch waren, wie in den vergangenen Jahren, machte es mir keine Mühe, alle Abläufe und Einzelheiten zu kennen. Aber meine Mutter sass etwas hilflos auf dem Bett und wunderte sich, wo sie sei und wo ihre Sachen sind…

Natürlich half ich ihr beim Anziehen und wir hatten ja Zeit. Aber es fiel mir auf, dass es nicht mehr so problemlos ging, wie sonst immer. Schliesslich durften wir dennoch genug vom Frühstücksbuffet holen, obwohl wir an diesem Morgen erst kurz vor Schluss ankamen. Da sich das Restaurant gleich neben unserem Bungalow befand, welchen ich so passend umbuchen durfte, war es schnell erreichbar.

Gut umsorgt, aber die Orientierung liess deutlich nach

Im Hotel kannten uns bereits die meisten Angestellten, daher ist es hier jedes Mal, als ob man in ein zweites Zuhause kommt. Uns zu Ehren wurde sogar beim 10. Besuch je ein Olivenbaum gepflanzt, die wir jetzt noch anschauen gehen mussten und die bereits fast zwei Meter gross waren. Das waren auch die wertvollen Voraussetzungen und Grundbedingungen, dass wir hier so gerne herkommen – es war ja schon der 14. Aufenthalt in El Quseir.

Über den Autor und die weiteren Folgen

Markus Frutig (Jg. 1967) ist im Hauptberuf Kommunikationsexperte, Fachjournalist und Chefredaktor. Dazu berät er seine Kunden seit über 22 Jahren erfolgreich u.a. als ausgebildeter und zertifizierter Ernährungs-, Energiemedizin- und Orthomolekularberater. Durch die Demenzerkrankung seiner Mutter besitzt er dazu eine langjährige Praxiserfahrung in der Alters- und Demenzpflege. Auf helveticcare.ch schreibt er regelmässig darüber.

Meine Mutter hat Demenz: die weiteren Folgen

Teil 1: Die Anzeichen fielen mir zuerst gar nicht richtig auf
Teil 2: Den Arztbesuch schoben wir hinaus
Teil 3: Hilft eine alternative Behandlung?
Teil 4: Meine Gedanken fuhren Karussell
Teil 5: War die Verschnaufpause in Ägypten das Richtige?
Teil 7: Wie konnte ich sie dazu bringen, das Essen nicht zu vergessen?
Teil 8: Weil sie das Trinken vergass, musste sie als Notfall ins Spital
Teil 9: Diese Hilfsmittel erleichtern den Alltag 
Teil 10: Unsere Lehre nach bangen Stunden im Spital

Als Gast wird man hier umsorgt, als ob man zur Familie des Hotels gehört. So konnte ich meine Mutter auch beruhigt am Strand unter dem Sonnenschirm liegen lassen, während ich Schwimmen war oder auch mal auf einen Ausflug mit anderen Hotelgästen in einer Gruppe machten. Die freundlichen Mitarbeitenden schauten immer, dass es uns auch wirklich gut geht und es an nichts fehlt.

Meine Mutter verlief sich öfters

In den kommenden Tagen akklimatisierten wir uns beide wieder schnell und meine Mutter fühlte sich sehr wohl, denn sie liebt wie ich das Meer, die Sonne und einfach mal Entspannung pur. Nur eben mit der Orientierung wurde es immer schwieriger für sie und ich musste sie dieses Mal nun regelmässig zum WC im Restaurant, zur Massage oder zurück zum Zimmer begleiten, denn sie fand sich alleine nicht mehr zurecht und verlief sich öfters.

Auch mit dem Schwimmen merkte ich im Vergleich zu früher, dass sie zunehmend Mühe und Angst hatte, ohne Hilfe ins Meer zu gehen. Aber die Hotelmitarbeitenden boten immer ihre Hilfe an und hielten ein besonders wachsames Auge auf meine Mutter. Das entlastete mich sehr und gab uns beiden ein Gefühl der Erleichterung und Geborgenheit.

Gut versorgt mit Fachliteratur, Nährstoffen und köstlichem Essen

Ich hatte mir bereits vor Abflug Fachliteratur besorgt, um mein Wissen zu den Themen Demenz und Therapiemöglichkeiten zu vertiefen. Dazu handelte es sich um ein Buch von Bruce Fife über die Erfolge mit Kokoswasser und Kokosöl, eines über Grünteeextrakt EGCG (Epigallo Catechin Gallat) sowie ein anderes über Gedächtnisübungen. Das nutzte ich neben dem Essen, den gemütlichen Strandspaziergängen und dem Schwimmen. Über die Details und Erfahrungen komme ich in einem der folgenden Blogs noch detailliert zu sprechen.

Der unvergessliche 86. Geburtstag und Musik als Therapie

Ein Highlight unserer Ferien in Ägypten sollte der Geburtstag meiner Mutter am Abend des 21.12.2014 werden. Denn wir lernten in der Woche davor «Mido» Mohammed Jabr, einen Cellisten des Kairoer Opernorchesters, im Hotel kennen. Denn er war zu dieser Zeit im Hotel gebucht, um die Gäste mit klassischer Musik während des Abends zu begeistern. Nach einem wunderbaren Galadinner spielte Mido neben Ständchen von Mozart und Schubert das Ave-Maria von Bach/Gounod für meine Mutter.

Diesen Abend werden wir nicht so schnell vergessen und sie war so glücklich und vollkommen «aus dem Häuschen», wie schon lange nicht mehr! Dieses Erlebnis wurde auch zu einem wichtigen Auftakt für die Begleitung meiner Mutter. Denn Musik spielte eine enorme Bedeutung für ihr Wohlbefinden, wie ich immer mehr entdeckte.

Am 28. Dezember mussten wir schweren Herzens wieder den Heimflug ins kalte, regnerische Zürich antreten. Alles ging gut und diese 14 Tage waren eine wertvolle Phase in unserem Leben mit viel Wissen und wertvollen Erfahrungen für die nächste Zeit.

Hier geht es zum Anfang der Themenserie. Wie es weiterging, erfahren Sie im Teil 7