Erlauben Sie, die Gedanken im Lead noch zu untermauern: Weshalb ist Telemedizin in der Schweiz, wo aktuell
- alle über Fachkräftemangel klagen,
- die Notfallstationen der Spitäler durch «Nicht-Notfälle» geflutet werden,
- die Hausärzte politische Manifeste an die Regierungen der Kantone schicken,
- die Spitäler mit teuren Investitionen in den ambulanten Teil vorstossen,
- das elektronische Patientendossier bis heute noch nicht von den Menschen genutzt wird,
- 80% der Versicherten über alternative Versicherungsmodelle versichert sind und
- die Krankenkassen einen weiteren Kostenschub erwarten,
nicht schon lange umgesetzt?
Mehr erfahrenHelene Meier hat das Hausarztmodell: eine gute Sache, bis…
Nehmen wir das fiktive Beispiel von Helene Meier, das sich in der Wirklichkeit durchaus so zutragen könnte.
Die 72-Jährige lebt in einer ländlichen Gemeinde im Kanton Thurgau. Sie fühlt sich an sich gesund, nimmt aber schon seit längerer Zeit blutdrucksenkende Medikamente. Sie ist gut «eingestellt» und geht lediglich zweimal pro Jahr zu ihrem Hausarzt zur Kontrolle.
Vor etwa 15 Jahren schrieb sie sich bei ihrer Krankenkasse für ein Hausarztmodell ein, nachdem sie gesehen hatte, dass ihr Hausarzt bei der entsprechenden Versicherung aufgeführt ist und sie dafür sogar Rabatt auf ihrer Prämie erhält.
Der Rabatt von ursprünglich 20% ist über die Jahre kontinuierlich zurückgegangen und beträgt aktuell noch 8% auf die Krankenkassen-Prämie - immerhin CHF 25.- pro Monat! Helene Meier ist grundsätzlich sehr zufrieden, denn für sie hat sich ja mit dem Modell an sich nichts geändert.
Eine Hautreizung mit bösen Folgen
In den letzten Tagen plagt sie jedoch eine Hautreizung, die sich immer stärker entwickelt. Sie geht in die Apotheke, wo man ihr Salben abgibt, mit dem gleichzeitigen Hinweis unbedingt einen Hautarzt (Dermatologen) aufzusuchen.
Sie versucht, ihren Hausarzt zu erreichen, doch dieser steht kurz vor der Pensionierung. Die Praxisassistentin teilt ihr mit, dass der Hausarzt leider übervoll sei und dass sie unmöglich einen weiteren Termin reinquetschen könne.
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Wochenlange Warterei
Bei der Krankenkasse sagt man ihr, sie müsse zwingend über den Hausarzt einen Termin bei einem Dermatologen vereinbaren. Ansonsten werde sie die Kosten der Behandlung selbst zahlen müssen oder zumindest der in diesem Jahr aufgelaufene Rabatt würde entfallen. Man sei gezwungen, sie rückwirkend in eine ordentliche KVG-Versicherung zu überführen.
Nach mehrfacher telefonischer Nachfrage in der Praxis erstellt der Hausarzt eine Überweisung zu einem Spezialisten. Nachdem sie von der Spezialarztpraxis nach einer Woche immer noch nicht konsultiert wird, ruft sie selbst an. Dort teilt man ihr mit, dass sie aufgrund von Engpässen leider erst einen Termin in 4 Wochen haben kann.
Am Ende landet sie auf dem Notfall
Nachdem die Medikamente nicht ansprechen, die Entzündung sich immer mehr ausbreitet und sie teilweise auch Fieber hat, fährt ihr Mann besorgt mit ihr ins nahegelegene Spital. Sie warten im Notfall, obwohl man ihnen klar zu verstehen gibt, sie seien kein Notfall.
Sie warten und warten, bis sie eine vorbeigehende Ärztin direkt ansprechen können. Diese nimmt sich spontan ihrer an und versorgt Frau Meier mit dem Wichtigsten. Auch kann Frau Meier in der anderen Woche zu einem Hautarzt direkt am Spital.
Wie könnte es besser gehen?
Frau Meier ist ein eingeschriebenes Mitglied in einer telemedizinischen Praxis. Sie entschloss sich unabhängig vom Rabatt der Krankenkasse dazu, nachdem ihr die Herzrhythmusstörungen Angst einflösst hatten. Sie trägt ein Band auf sich, welches die Daten zu ihrer Herzfrequenz permanent in das telemedizinische Zentrum überspielt.
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Da wird sie in Echtzeit «überwacht». Sie merkt das gar nicht. Im Gegenteil: Es vermittelt ihr Sicherheit. Periodisch wird sie per Telefon konsultiert und ihre Vitaldaten werden mit einem Mediziner (in diesem Fall einem Kardiologen) besprochen.
Bei ihrer Hautentzündung setzt sie sich telefonisch mit dem telemedizinischen Zentrum in Verbindung. Sie schickt ein Foto von ihrem Handy aus. Im Zentrum erklärt man ihr, dass sie aufgrund des Fotos keine abschliessende Diagnose stellen können/dürfen. Sie braucht eine Konsultation vor Ort. Dafür kommt noch am gleichen Tag eine sogenannte Flying Nurse zu ihr nach Hause, die Blut abnimmt und mit einem speziellen Scanner ein Bild schiesst.
Unkomplizierte Behandlung
Zwei Tage später setzt sich ein Arzt telefonisch mit Frau Meier in Verbindung. Der Hausarzt bespricht die Ergebnisse, empfiehlt ihr ein Medikament, das er gleich online bestellt und empfiehlt ihr weiter eine Konsultation bei einem Dermatologen. Da sie von der Telemedizin-Praxis sehr gute Kontakte zu einem Hautarzt haben, bucht er für sie auch gleich einen Termin. Am nächsten Tag erhält Frau Meier die Medikamente und hat einen Termin beim Spezialisten in zwei Wochen.
Fazit: Warum ist Telemedizin nicht schon gängige Praxis?
Sie sehen: Dank des Modells der Telemedizin war Frau Meiers Hautproblem wesentlich schneller und unkomplizierter gelöst – endloses Herumtelefonieren und der verzweifelte Gang zur Notfallstation waren nicht nötig.
Nur: Warum ist eine solche telemedizinische Behandlung nicht schon längst gängige Praxis in der Schweiz und warum wird ihr Potenzial im Gesundheitswesen nicht richtig ausgeschöpft?
Darüber möchten wir die User von helveticcare.ch in den nächsten Artikel zur Telemedizin vertiefter informieren und gerne auch darüber diskutieren.
Eine Roadshow für die Telemedizin
Umfassende telemedizinische Dienstleistungen bietet unser Partner Misanto. Das Unternehmen geht im Frühjahr, Sommer 2023 auf eine Roadshow in 77 Gemeinden des Kantons Thurgau. Ziel: die Menschen vor Ort über die Möglichkeiten der Telemedizin zu informieren.
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