Der Zügeltermin steht in zwei Wochen an, doch das Thema beschäftigt Frank Mickeler schon seit Monaten. «Bevor wir in die neue Wohnung ziehen, möchten wir viele Sachen loswerden.» Denn in all den Jahren haben er und seine Familie vieles angesammelt – Bücher, Elektrogeräte, Brettspiele und Klamotten, die in einer Ecke ein einsames Dasein fristen. «Von diesem Ballast wollen wir uns befreien – unser Leben soll einfacher und leichter werden.»
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Der 50-Jährige ist nicht der Einzige mit diesem Vorhaben. Schliesslich leben wir in Zeiten des Überflusses, in denen jeder Schweizer Haushalt durchschnittlich über 10'000 Gegenstände besitzt. Nicht verwunderlich, ist da in den letzten Jahren eine Gegenbewegung entstanden – der Lebensstil, der mit weniger auskommt, nennt sich Minimalismus. Einige Anhänger betreiben diesen so extrem, dass sie fast ihr ganzes Hab und Gut weggeben und nur mit dem Allernötigsten auf engstem Raum leben.
Aufräumcoach Tolga Selim.
«Doch um solch grosse Einschränkungen geht es beim Minimalismus nicht unbedingt», betont Selim Tolga. Ziel sei es vielmehr, sich von unnötigen Dingen zu trennen und nur das zu behalten, was einen wirklich glücklich mache oder man brauche. Die Formel laute: gebraucht oder geliebt.
Der Zürcher ist Aufräumcoach und betreibt die Seite mimimalismus.ch. Seit Jahren hilft er anderen, sich eine nach einem System geordnete Umgebung zu schaffen: «Das befreit, erhöht die Lebensqualität und schafft mehr Zeit.»
Gerade im Alter gewinne das Thema an Bedeutung. Oft beginne das Problem mit dem Auszug der Kinder, so Tolga: «Plötzlich hat man mehr Platz, der sich schnell füllt.» Und dies könne mit zunehmendem Alter zur Belastung werden, wenn viele alltägliche Dinge schwerfallen: «Da haben viele den Wunsch, ihren Haushalt zu vereinfachen. Denn mit weniger Besitz fällt das Aufräumen und Putzen leichter.»
Ein Aspekt des Minimalismus ist auch, dass man Ordnung in seine digitalen Daten bringt und diese über den Tod hinaus schützt. Dies erspart den Hinterbliebenen viel Leid. Mehr darüber erfahren Sie an einem kostenlosen Infoanlass zu den Themen digitaler Nachlass und Pensionierung in Zürich Oerlikon, den wir gemeinsam mit der Zurich Versicherung und Swisscom durchführen. Denn es lohnt sich auch, seine Finanzen im Griff zu haben, um im Alter ein sorgenfreies Leben zu führen.
Wann: Mittwoch, 25. September 2024, 18:00 Uhr
Wo: Hauptsitz der Zurich Schweiz an der Hagenholzstrasse 60 in 8050 Zürich (Oerlikon).
Was ist der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis oft schwer. Denn auch wenn die Vase höchstens als Staubfänger dient, verbinden wir mit ihr doch Emotionen oder Erinnerungen. «Oder man könnte das Ding vielleicht doch nochmals gebrauchen», sagt Frank Mickeler. Leider stimme es manchmal auch. Der berühmte Aufräumcoach Marie Kondo aus Japan empfiehlt hier, jeden Gegenstand anzufassen und sich zu fragen, ob er wirklich Freude auslöst.
Einige der 120 Kisten von Frank Mickeler
So ähnlich machten dies auch Frank Mickeler und seine Familie kurz vor dem Umzug. «Auch wenn wir längst nicht so konsequent waren, wie Marie Kondo es sein würde – wir zügeln immer noch mit 120 Kisten», erzählt er lachend.
Er versuchte, die überflüssigen Dinge auf Flohmärkten und im Internet zu verkaufen. Doch weg gingen die Sachen vor allem, wenn er sie gratis inserierte. Sonst war die Nachfrage eher gering: «Die Leute haben genug, wir sind übersättigt.» Deshalb brachte er bereits viel Plunder in einem kleinen Lieferwagen zur Verbrennungsanlage: «Das war so ein gutes Gefühl.»
Wenn der Platz fehlt, aber Wegwerfen, Verkaufen oder Weggeben für Sie nicht infrage kommt, kann es sinnvoll sein, einen externen Lagerraum zu mieten. Es gibt eine ganze Bandbreite an Lagermöglichkeiten, die es Ihnen ermöglichen, Ihre Gegenstände aufzubewahren. Konsultieren Sie am besten eine Vergleichsplattform wie storabble, auf der Sie einen freien Lagerraum in der Nähe mieten können.
Mehr erfahrenMit dem Loslassen beschäftigen sich auch Helga und Thomas T. (Name geändert) aus dem Kanton Aargau. Das Ehepaar ist Ende 70 und lebt noch immer in einem grossen Haus. In weiteren Immobilien befinden sich Werkstätten und Ateliers. Und doch haben sie ihren Besitz in den letzten Jahren schon erheblich reduziert. «Wir warfen etwa viele Bücher weg, die für uns einen grossen emotionalen Wert hatten. Leider wollte sie niemand haben», erzählt Helga T.
Auch wenn regelmässiges Ausmisten wichtig sei, sieht Helga T. diesen Trend auch kritisch: «Es ist doch bedenklich, dass wir in einer solchen Wegwerfgesellschaft leben.» Gegenstände hätten ihren Wert verloren, die Billigproduktion boome: «Viel sinnvoller wäre es, sich von vornherein weniger, aber dafür wertige Dinge anzuschaffen und alte Sachen zu reparieren.» Dies erspare viel Müll.
Neben dem Entrümpeln bedeutet Minimalismus im Alter für das Ehepaar auch, Aufgaben abzugeben, für die sie nicht mehr so viel Energie haben: «Bis vor Kurzem haben wir in einer unserer Immobilie regelmässig Veranstaltungen durchgeführt.» Der Entscheid, dies nicht mehr zu tun, sei auch schmerzhaft gewesen: «Man wird mit seiner Endlichkeit konfrontiert.»
Dass der eigene Tod beim Minimalismus im Alter eine Rolle spielt, ist spätestens seit dem Buch «Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen» bekannt. Die schwedische Autorin Margareta Magnusson nennt das Ausmisten im hohen Alter «Döstädning», was die schwedischen Wörter Sterben und Sauberkeit vereint – oft wird dies auch als «Death Cleaning» bezeichnet.
Ziel ist es, seinen Haushalt vor seinem Tod zu entrümpeln, auszusortieren und aufzuräumen. So überlässt man diese Aufgabe nicht den Hinterbliebenen, sondern entscheidet selbstbestimmt, womit man seine letzten Lebensjahre verbringen möchte.
Empfehlenswert ist es, diesen Prozess bereits in jüngeren Jahren anzustossen, so wie das Frank Mickeler kurz vor dem Zügeln gerade tut. Denn dann hat man in der Regel noch mehr Energie zum Ausmisten.
Auch Minimalismus-Experte Selim Tolga ist ein Verfechter des «Döstädning» oder «Death Cleaning»: «Mich kontaktieren immer wieder Menschen um die 40, die darunter leiden, dass ihre Eltern Dinge anhäufen. Denn sie wissen genau: Eines Tages werden sie diese entsorgen müssen.»
Entrümpelung ist nicht die einzige Arbeit, die auf die Hinterbliebenen nach einem Todesfall zukommt. Auch die Bestattung verursacht viel Aufwand und hohe Kosten. Da ist es hilfreich, noch zu Lebzeiten einen Bestattungsvorsorgevertrag abzuschliessen.
Dank diesem kann die Bestattung im Voraus bezahlt und vorbereitet werden.
Bei unserem Partner Everlife.ch ist die Bestattungsvorsorge bereits ab 12.90 Franken pro Monat erhältlich. Das Unternehmen nimmt den Angehörigen nach einem Todesfall auch viele administrative Aufgaben ab, für diese sie im Normalfall unzählige Arbeitsstunden benötigen. Ausserdem bietet Everlife.ch ein digitales Gedenkportal und einen digitalen Safe an.
Minimalismus-Experte Selim Tolga empfiehlt auch, im Alter den Wohnraum zu reduzieren – auch Downsizing, also Verkleinerung oder Vereinfachung, genannt. In der Praxis wird nach dem Auszug der Kinder etwa das geräumige Einfamilienhaus gegen eine kleinere und barrierefreie Wohnung ausgetauscht. Und dies hat gemäss Tolga viele Vorteile:
Auch beim Downsizing im Alter gehe es nicht um Verzicht, sondern um eine bewusste Wahl: «Man kann immer noch einen Gemüsegarten und eine schöne Küche haben. Es wird einfach alles ein wenig kompakter und einfacher.»
Minimalismus-Experte Selim Tolga hat im untenstehenden Video einige Schritte zusammengetragen, die beim Downsizing im Alter wichtig sind. Nachfolgend führen wir die wichtigsten Punkte aus. Viele davon helfen aber auch beim Ausmisten, wenn man nicht in eine andere Wohnung zieht.
Wichtig sind beim Downsizing im Alter ein Plan und etwas Zeit: «Allerdings nicht zu viel – zwei Jahre vom Ausmisten bis zum Immobilienverkauf sind realistisch», so Tolga. In diesen Prozess sollten die Erben, ein Notar und ein Immobilienmakler für den allfälligen Verkauf der Liegenschaft involviert werden. Sinnvoll ist es dabei, wenn man einem Zeitplan folgt und sich seine Motivation sowie Ziele vor Augen führt.
Gefragt seien auch die erwachsenen Kinder, so Tolga: «Häufig haben diese noch ihre Erinnerungsstücke in ihrem Elternhaus, die sie nun abholen müssen.» So seien die Sachen der Kinder auch das Erste, was er in seinen Beratungen anspreche und empfiehlt, auszumisten.
Eine Immobilie zu verkaufen und sich für eine neue Wohnform zu entscheiden, fällt oft nicht leicht. Hier lohnt sich eine kostenlose Beratung bei unserem Partner Swiss Life Immopulse. Deren Expert:innen beraten Sie u. a. zu den verschiedenen Wohnformen, der Finanzierbarkeit und nehmen eine kostenlose Bewertung Ihrer aktuellen Immobilie vor.
Beratung anfragenWichtig ist, mit dem Ausmisten bereits frühzeitig zu beginnen – es sollte ab dem Entschluss zur Tagesroutine gehören. «Ein paar Wochen reichen nicht, wenn man jahrelang Dinge angesammelt hat», sagt Tolga. Gerne sollen auch die erwachsenen Kinder den Zeitplan kennen und beim Entrümpeln helfen: «Konzentrieren Sie sich auf das Wichtigste und werden Sie Sachen los, die nicht gebraucht werden.» Tauchen Sie gemeinsam in Erinnerungen ein und nehmen Sie Abschied.
Optimalerweise besitze man das alte und neue Wohnobjekt eine Weile lang parallel: «Dann kann man nur das integrieren, was man wirklich braucht. Und das Ausmisten fällt bei räumlicher und zeitlicher Distanz leichter.»
Generell gelte beim Ausmisten: «Behalten Sie das, was Sie aus dem Kopf aufzählen können.» Diese Dinge sollen gezielt aus der Masse herausgepickt werden. Marie Kondos Tipp sieht er kritisch. Nämlich jedes Ding in die Hand zu nehmen und sich zu fragen, ob man es braucht. «Das führt selten zum Ziel», findet Tolga.
Oft fällt es uns schwer, Dinge zu entsorgen, die wir mit Erinnerungen verbinden – etwa das Schaukelpferd, auf dem der Sohn freudestrahlend sass. Dabei sollte man sich aber bewusst sein, dass es dieses Spielzeug nicht unbedingt braucht, um sich an die glänzenden Kinderaugen zu erinnern, so Tolga: «Viel wichtiger sind die Erinnerungen, die wir in uns tragen.»
Trotzdem halten viele Erinnerungsstücke ältere Menschen häufig viel länger als nötig in ihrem alten Haus fest. Sein Tipp, wenn der Abschied von einem Gegenstand schwerfällt, ist deshalb diesen zu fotografieren: «Vielen hilft das.»
Bei vielen Menschen lösen Veränderungen der Wohnsituation Angst aus. Verständlich, aber man sollte versuchen, sich dabei nicht allzu viele Sorgen zu machen: «Beim Ausmisten gehört es dazu, die Ungewissheit mit einer Portion Vergesslichkeit zum Freund zu machen.» Denn auch wer probiert, sich an der Gewissheit festzuhalten, wird schlimme Dinge nicht vermeiden können. «Nicht loslassen zu können, kostet nur Zeit und Energie», so Tolga.
Viele befürchten auch, dass ihnen in der kleineren Wohnung der Platz fehlt – zum Beispiel für das Unterbringen der Büromaterialien oder des Werkzeuges. «Hier gibt es aber so viele platzsparende und kreative Lösungen», findet Tolga: «So hat das minimalistische Büro immer irgendwo Platz und der Werkraum kann bei Bedarf auch mal gemietet werden.»
Beim Prozess des Ausmistens gilt es immer, die Kosten und die Auswirkungen auf ihre Hypothek abzuklären. So viel ist schon mal klar: Wer im Alter im Eigenheim bleibt, lebt nicht unbedingt günstiger – Stichworte: Eigenmietwert und Tragbarkeit der Immobilie im Alter.
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Zur kostenlosen BeratungAuch muss das Einfamilienhaus gemäss Tolga nicht unbedingt in die kleine Eigentumswohnung umgetauscht werden. Mögliche Alternativen sind ein Betreutes Wohnen, ein Mehrgenerationenhaus, eine Seniorenresidenz oder eine Alters-WG.
Natürlich muss immer noch jeder selbst entscheiden, wie und ob er sein Leben im Alter vereinfachen möchte. So will das Aargauer Ehepaar Helga und Thomas T. an einen Umzug in eine andere Wohnung bisher nicht denken. Seit 50 Jahren pflegen sie ihr eigenes Haus und ihren Garten: «Das gibt uns Energie und hält uns jung.»
In den letzten Jahren hat das Ehepaar aber seinen Wohnraum reduziert. Einen Teil der grossen Immobilie gestalteten sie in eine Wohnung um, in der seit einiger Zeit eine jüngere Frau lebt. Gemeinsam kümmern sie sich nun um den Garten und die Tiere: «Das gibt uns mehr Flexibilität, um wochenlang zu vereisen.» Ausserdem sei jemand im Notfall in der Nähe.
Durch die Reduzierung des Wohnraumes hat das Ehepaar auch viel entrümpelt und die Dinge so weit geordnet, um den Nachkommen nicht allzu viel Ballast zu hinterlassen. «Trotzdem können wir nicht verhindern, dass mit unserem Ableben einiges an Arbeit auf sie zukommen wird», so Helga T. Schön wäre es, wenn einige Erinnerungsstücke wie Fotos im Familienbesitz bleiben würden: «Es ist uns aber auch bewusst, dass vieles auf dem Müll wandert.»
Der 50-jährige Frank Mickeler hofft, dass die grosse Entrümpelung mit dem Umzug in die neue Wohnung für lange Zeit vorbei ist. Diese hat zwar genau so viel Fläche wie die alte, da seine Teenager-Töchter noch eine Weile dort wohnen werden: «Trotzdem wollen wir nicht wieder so viele Dinge ansammeln – jedenfalls haben wir uns das fest vorgenommen.»
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