Alternative Versicherungsmodelle: Ihre Bedürfnisse sind wichtiger als Prämienrabatte

Bis zu 20 Prozent weniger Krankenkassenprämie: Ein alternatives Versicherungsmodell macht es möglich. Klingt zu gut, um wahr zu sein. Deshalb sollten Sie ein paar Dinge beachten, bevor Sie sich für ein derartiges Modell in der Grundversicherung entscheiden.

Sohn zeigt Mutter eine telemedizinische App.
Alternative Versicherungsmodelle setzen u. a. auf Telemedizin. Doch Augen auf bei der Wahl.
Otto Bitterli Helvetic Care

Gut 70 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer wählen in ihrer Grundversicherung das sogenannte alternative Versicherungsmodell (AVM) – bei den aktuellen Prämienerhöhungen von durchschnittlich 8.7 Prozent werden es wohl noch einige mehr. Schliesslich kann man mit einem AVM bis zu 20 Prozent Prämien sparen. Also sofort wechseln? Nicht unbedingt. Lesen Sie vorher die folgenden Zeilen aufmerksam durch.

1. Umgekehrte Herangehensweise als «geistiges Training»

Stellen Sie sich vor, die Grundversicherung würde keine alternativen Versicherungsmodelle beinhalten. Die durchschnittliche Prämie wäre ca. 15 Prozent tiefer als aktuell, konkret statt 359.50 etwa 305.50 Franken. Würden Sie für den gleichen Preis noch ein alternatives Versicherungsmodell wählen?

Kommt darauf an, ob es zu mir passt und eine Mehrleistung ist, werden Sie vielleicht sagen. Genauso sollte es auch sein. Was nützen Rabatte, wenn für Sie die Leistungen, der Zugang zur medizinischen Versorgung und der Service bei einer Versicherung nicht stimmen? Insbesondere ältere Menschen sollten auf solche Dinge achten.

Haben Sie eine Halbprivat- oder Privatversicherung?

Achten Sie darauf, dass das alternative Versicherungsmodell in der Grundversicherung die gewählte Arzt- und Spitalwahlfreiheit unterstützt. Stellen Sie mit Ihrer Krankenkasse sicher, dass Ihnen die gewählte Freiheit über die Spitalzusatzversicherung auch effektiv gewährt wird. Ist diese nicht gewährleistet, dann bleiben Sie besser ohne alternatives Versicherungsmodell oder Sie kündigen Ihre Halbprivat- oder Privatversicherung.

2. Was sind meine Bedürfnisse?

Auf der Suche nach der richtigen Versicherung, lohnt es sich, Ihre Bedürfnisse genau zu prüfen. Stellen Sie sich folgende Fragen:

Wenn Sie für sich ein klares Bild Ihrer Bedürfnisse haben, dann können Sie die unterschiedlichen Modelle diesbezüglich prüfen und auswählen:

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Über den Autor

Otto Bitterli hat sich ein Berufsleben lang an der Schnittstelle zwischen Privat- und Sozialversicherung bewegt. Er kommt ursprünglich von der Privatversicherungsseite (Winterthur) und hat dann bei der Sanitas als Geschäftsleitungsmitglied, als CEO und 1 Jahr als Verwaltungsratspräsident (VRP) gearbeitet. Aktuell ist er Berater und in mehreren VR und Boards tätig, unter anderem als VRP der Helvetic Care.

3. Welche traditionellen Modelle gibt es?

Health Maintenance Organization (HMO)

Mit dem Import des amerikanischen Modells in den 90er-Jahren in die Schweiz erhoffte man sich eine Kehrtwende: Die medizinischen Leistungserbringer erhalten ein Budget pro versicherte Person und Monat/Jahr. Damit haben sie ein finanzielles Interesse an der «Gesund-Erhaltung» und nicht am «Umsatz über kranke Menschen». Das HMO-Modell hat sich in der Schweiz nicht durchgesetzt und ist bis heute ein Nischenprodukt geblieben.

Ist das HMO-Modell etwas für Sie?

Wenn Sie ein HMO-Modell wählen, dann müssen Sie sich in jedem Fall an die Regeln halten. Sie benötigen ein sehr hohes Vertrauen in die behandelnden Personen, da sie keine «Umgehungsmöglichkeiten» haben. Sie müssen überzeugt sein, dass eine Trendumkehr im System von «krank zu gesund» dringend notwendig ist und belohnt werden sollte.

Viva - Réseau de l'Arc: Modell der Zukunft?

Interessant ist das alternative Versicherungsmodell «Viva Réseau de l'Arc», welches per 1.24 im Berner Jura neu angeboten wird. Es ist ein vollkommen neues Versorgungsmodell auf der Basis von HMO. Die Versorgung stellen die Swiss Medical Network (SMN), der Kanton Bern und die Visana gemeinsam sicher. Es ist das Ziel, die Menschen gesund zu erhalten. Die Leistungserbringer werden deshalb nicht nach einzelnen erbrachten Leistungen bei Krankheit entschädigt, sondern per Budget – per versicherte Person. Man darf gespannt sein. Unklar ist, welche Rolle die Zusatzversicherung in diesem Modell einnehmen soll.

Telemedizinische Modelle (Telmed)

Die telemedizinischen Modelle wurden um die Jahrhundertwende als «Anlaufstellmodelle» für Familien und im Notfall positioniert. Der 24/7-Zugang und der damit verbundene Service haben sich längst etabliert. Das Potenzial der umfassenden «Steuerung» der Patientinnen und Patienten hat sich bis heute aber nicht durchgesetzt. Auch sind zahlreiche digitale Möglichkeiten nicht ausgeschöpft. Das Problem liegt in der Integration von telemedizinischer und physischer Leistung. Hier schlummert grosses Potenzial.

Ist das Telmed etwas für Sie?

Der Service (24/7-Verfügbarkeit) und die Qualität der Telemedizin haben sich längst etabliert. Wenn Sie nicht jederzeit einen Hausarzt zur Verfügung haben, dann ist diese Dienstleistung unbedingt über die Versicherung zu erschliessen. Ausschliesslich auf Telemedizin setzende Modelle bestehen immer weniger auf dem Markt. Sie treten aktuell deshalb meistens im Verbund mit anderen Modelltypologien auf.

Was man bezüglich Apps und Telemedizin wissen muss

Es gibt mittlerweile Tausende Apps, die ähnlich wie die Telemedizin, den niederschwelligen Zugang zur Versorgung empfehlen. Allerdings muss dabei eine wirklich beanspruchte und konkrete Hilfe immer durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgen. Das besteht bei vielen der Apps nicht. Deshalb seien Sie vorsichtig. Für die Zukunft wäre wichtig, dass solche Apps effektiv als medizinische Leistungen zugelassen werden. Nur dann könnte man sich darauf verlassen. Entsprechende Zulassungen sind teilweise in Entwicklung oder vorhanden –  z. B. benecura, auf welchem Swica basiert.

Hausarztmodelle

Hausarztmodelle sind die Antwort auf das verstärkte Auftreten von HMO in den 1990er-Jahren. Die Hausärzte haben sich zusammengeschlossen und mit den Versicherern lokal unterschiedliche Modelle ausgehandelt. Entsprechend gibt es eine Vielzahl davon mit unterschiedlichen Rabatten.

Insbesondere im Zusammenhang mit Hausarztmodellen haben Ärzte (sogenannte Trustcenter) und Versicherer viel statistisches Zahlenmaterial aufgearbeitet. Die Frage, ob ein Rabatt nur aus Risikoselektion (bessere Kunden als der Durchschnitt) oder auch aus effektiven Ersparnissen resultiert, ist nach wie vor eine grosse Debatte. Auch sind vornehmlich über die Hausarztmodelle sogenannte Capitation-Entschädigungsmodelle entwickelt worden – das heisst, Versicherer und Arztkollektiv teilen sich das finanzielle Risiko auf.

Ist das Hausarztmodell etwas für Sie?

Hausarztmodelle sind vor allem dann attraktiv, wenn Sie einen festen Hausarzt haben, dem Sie uneingeschränkt vertrauen. Natürlich muss er auch in einem entsprechenden regionalen Modell mitwirken. Prüfen Sie auch, inwieweit Sie direkten Zugang zu Gynäkologie, Psychiatrie oder zu weiteren spezialärztlichen Fachgebieten haben und wie der Notfall geregelt ist. Interessant ist für Sie zu verstehen, wie stark der Hausarzt in einem unternehmerischen Risiko (vgl. Ausführungen zu Capitation) steht, also inwieweit er oder sie effektiv Kosten einsparen muss.

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4. Welche neueren Modelle gibt es?

Direktzugang zu Spezialisten

Nicht flächendeckend umgesetzt sind Modelle, die einen direkten Zugang zu Spezialisten ermöglichen. Die Idee dahinter ist, dass die Selbstdiagnose (eventuell über Telemedizin) so gut ist, dass direkt eine Spezialistin oder ein Spezialist angegangen werden kann und so der Hausarzt nicht mehr benötigt wird.

Die aktuellen Widerstände der Hausärzte und der Spezialisten sind gross. Es ist fraglich, ob sich ein derartiges Modell, welches vor allem die assura anbietet, in der Schweiz in absehbarer Zeit flächendeckend durchsetzen wird.

Ist das etwas für Sie?

Seien Sie vorsichtig. Prüfen Sie, ob dieses Modell für Sie tragfähig ist und ob genügend Fachärzte angegangen werden können.

Gemischte Modelle

In den letzten Jahren haben gemischte Modelle ein sehr starkes Wachstum erfahren. Diese sind eine Kombination von unterschiedlichen Anlaufstellen wie telemedizinische Beratung, Apotheke und Arzt. Diese Modelle basieren stärker auf der Freiheit des Versicherten und weniger auf Restriktionen. Sie fördern zudem individuelle Anreizstrukturen (z.B. Belohnung bei Verwendung von Generika).

Ist das etwas für Sie?

Die Modelle sind mittlerweile bei vielen grösseren Versicherern erhältlich. Sie sind etabliert und ausgetestet. Prüfen Sie bei diesen Modellen genau, wie die Regeln des Verstosses sind. Woran muss ich mich halten? Welche Leistungserbringer (nur gewisse Ärzte und nur gewisse Apotheken) sind zugänglich?


5. Angebote der Versicherer - Konkurrenz prüfen

Jeder Versicherer hat zahlreiche alternative Modelle mit verschiedenen Rabatten im Angebot. Vergleichen Sie nicht nur prozentuale Rabatte, sondern immer auch auf der in Franken zu bezahlenden Prämie. Und: Vergleichen Sie nicht nur innerhalb eines Versicherers, sondern schauen Sie sich auch Modelle und Nettoprämien bei der Konkurrenz an. Es ist schwierig, den Überblick zu bewahren. Es empfiehlt sich deshalb, ein Vergleich (z. B. auf Comparis) zu erstellen und/oder eine persönliche Beratung einzuholen.

Geänderte Verkaufslogiken

«Mit dem Prämienrabatt der Grundversicherung können Sie sich eine Zusatzversicherung leisten und so die Regeln des alternativen Versicherungsmodells umgehen», so fanden in der Vergangenheit zahlreiche informelle Verkaufsgespräche statt.

Neu fokussiert sich der Vertrieb auf die Prämienrabatte unabhängig von der Zusatzversicherung. Helvetic Care hat festgestellt, dass viele Privatversicherte aktuell trotzdem der Auffassung sind, dass sie über ihre Zusatzversicherung die Regeln des AVM aushebeln können. Aber seien Sie vorsichtig: Verschiedene Versicherer schreiben mittlerweile in den Vertragsbedingungen der Zusatzversicherung vor, dass die Regeln des alternativen Versicherungsmodells auch Anwendung in den Zusatzversicherungen finden.

6. Empfehlungen Helvetic Care

Helvetic Care empfiehlt Ihnen, die Angebote Ihres bestehenden Versicherers zu prüfen. Schauen Sie nicht nur auf die Prämien. Überlegen Sie auch, ob das alternative Modell Ihren Bedürfnissen (vgl. Fragen Ziffer 2) effektiv entspricht. Schauen Sie sich auch bei der Konkurrenz nach Angeboten um (Ziffer 3 und 4), die Ihr Versicherer womöglich nicht anbietet. Vergleichen Sie immer die Nettoprämie und nie nur die prozentualen Rabatte. Und: Lassen Sie sich beraten.


7. Angebot PrimaFlex: Rechnen Sie die Ersparnisse bei der Verwendung von Generika mit ein und lassen Sie sich beraten

Helvetic Care empfiehlt Ihnen, das alternative Modell «PrimaFlex» unseres Partners Groupe Mutuel zu prüfen. Dieses Modell ist ein sogenanntes «gemischtes Modell», das Ihnen den Zugang zur Gesundheitsversorgung via Telemedizin, Apotheke oder Arzt bietet. Es lässt Ihnen grosse Bewegungsfreiheit und Selbstbestimmung.

Es ist insbesondere auch für jene Menschen geeignet, die aktiv mithelfen wollen, die Medikamentenkosten positiv zu beeinflussen: Sie werden bei der Verwendung von Generika direkt belohnt, indem die Kosten für Medikamente nicht der Franchise unterliegen und Ihnen lediglich zu 10 Prozent (Selbstbehalt) in Rechnung gestellt werden.

Im Weiteren sind in diesem Modell präventive Brustkrebsuntersuchungen eingeschlossen. Dies bietet für die Frauen eine zusätzliche Versorgungssicherheit.

Zudem könnte Ihnen eine persönliche und kostenlose Beratung durch die Fachleute der Groupe Mutuel im Dschungel von Tarifen, Rabatten, Jahresfranchisen, alternativen Versicherungsmodellen, Maximalrabatten, Ausnahmen oder Gesetzesbestimmungen sehr hilfreich sein!

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