«Die Firmen sollten die Arbeit und Erfahrung der Älteren mehr wertschätzen»

Landet man in der Wirtschaft kurz vor dem Pensionsalter automatisch auf dem Abstellgleis? Ist Altersdiskriminierung ein Problem und warum sollten Firmen in ältere Mitarbeitende investieren? Darüber sprachen wir mit dem HR-Experten Matthias Mölleney im 2. Teil unseres Interviews.

«Die Firmen sollten die Arbeit und Erfahrung der Älteren mehr wertschätzen»
Maja Sommerhalder

Herr Mölleney, viele ältere Mitarbeitende klagen über Altersdiskriminierung. Sie werden nicht mehr eingestellt oder befördert.
Matthias Mölleney:
Das gibt es sicher noch, aber es ist aufgrund des Fachkräftemangels besser als auch schon. In vielen Branchen sind ältere Mitarbeitende sehr gefragt, da der Nachwuchs fehlt. Aber natürlich gibt es noch Unternehmen, die Babyboomer nicht mehr fördern oder gar nicht erst einstellen.

In einem Interview sagten Sie selbst, dass Sie mit Ihren 62 Jahren keinen Job mehr im HR finden würden. Das ist nicht gerade ermutigend.
Das liegt einerseits daran, dass ich nach so langer Selbstständigkeit nicht mehr Angestellter sein möchte. Anderseits geht es im Personal-Bereich auch darum, Nachwuchskräfte zu rekrutieren. Da verstehe ich, dass man gerne Junge dafür einsetzt.

Über Matthias Mölleney

Matthias Mölleney (62) hat viel Erfahrung im Führungs- und Personalbereich. Unter anderem war er Konzernleitungsmitglied und Personalchef bei der Swissair, bevor er sich 2006 selbstständig machte. Mit seiner Frau führt er heute die HR-Strategieberatung peopleXpert GmbH. Zudem hält er Vorträge und doziert an Hochschulen zu den Themen Personalmanagement oder Zukunft des Arbeitslebens. Mölleney ist zudem Autor mehrerer Bücher und zahlreicher Fachartikel.

Aber sollten Unternehmen nicht auch viel mehr für die älteren Mitarbeitenden tun?
Da kann man sicher mehr machen. Die Firmen sollten ihre Arbeit und Erfahrung mehr wertschätzen und die Älteren in spannende Projekte einbinden. Dann sind sie auch eher bereit, sich bis zur Pensionierung oder darüber hinaus für ihr Unternehmen einzusetzen.

Damit die Leute aber bis dahin fit im Job sind, dürfen die Unternehmen die Mittelalten nicht aus den Augen verlieren. Viele hören mit 40 Jahren auf, sich weiterzubilden oder Kompetenzen aufzubauen. Stattdessen machen sie einfach, was sie gut können. Das ist schade, denn irgendwann verpasst man so wichtige Entwicklungen und findet später den Anschluss nicht mehr.

Also zurück in die Schule?
Zum Beispiel. Allerdings sind die meisten Weiterbildungen mit strengen Prüfungen verbunden. Dass man mit 50 keine Lust mehr darauf hat oder keine Masterarbeit mehr schreiben will, verstehe ich. Bei älteren Mitarbeitenden sollte es vermehrt um den Wissensaustausch gehen.

Sollte das Rentenalter angehoben werden?
Früher oder später wird das unvermeidbar sein. Ich bin für ein flexibles Rentenalter. Nicht jeder kann mit 65 noch harte körperliche Arbeit leisten, das ist klar. Wenn aber die Gesundheit kein Hindernis ist, sollte eine längere Erwerbstätigkeit möglich sein. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, bereits in drei Jahren in Pension zu gehen.

Aber nicht alle Arbeitnehmer sind so motiviert wie Sie. Vielleicht ist der Bürojob nach 40 Jahren einfach langweilig.
Hier sind wir wieder bei der Wertschätzung von älteren Arbeitnehmenden. Eine Möglichkeit ist auch, dass man bereits einige Jahre vor dem Pensionsalter das Arbeitspensum reduziert und so mehr Zeit für andere Dinge hat.

Gibt es in der Arbeitswelt Generationenkonflikte?

Im ersten Teil des Interviews spricht Matthias Mölleney über Generationenkonflikte im Berufsleben. Warum er diese für übertrieben hält, erfahren Sie, wenn Sie auf den Button klicken.

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