Neuartiges Wohnkonzept: Im Zürcher Renggergut entstehen zahlbare Wohnungen für Menschen ab 55

Selbstbestimmt und doch gemeinschaftlich wohnen: Das ist das Konzept des Zürcher Renggerguts. Geplant sind zahlbare Wohnungen inklusive Gemeinschaftsflächen für Menschen ab 55. Geschäftsführerin und Ex-Stadträtin Claudia Nielsen verrät, wer Chancen hat, in diesem «Gesellschaftslabor» zu leben.

renggergut
Claudia Nielsen

Eine typische Morgenepisode im neuen Renggergut könnte so sein: Als Frau Müller die Zeitung aus dem Briefkasten holt, kommt gerade Herr Meier vom Rauchen rein. Zu ihrem Schwatz holen sie bei der Bibliothek einen Kaffee, wo Frau Cirigliano Bücher sortiert. Sie ist nicht mehr so gut zu Fuss, Frau Müller steigt kurz für sie aufs Leiterli. Die drei vereinbaren, sich fürs morgige Abendessen im Gemeinschaftsraum anzumelden. Ob Frau Dieterle dann von ihrer GA-Tour durch die Schweiz zurück ist?

Wie gerufen kommt in Zürich das neue Renggergut für 25 bis 30 über 55-jährige Menschen. Ihre Pensionierung ist in Sichtweite oder sie sind es schon. Sie wohnen allein oder zu zweit, möchten aber nicht auf sich allein gestellt bleiben. Ihre bisherige Wohnung ist zu gross, hat keinen Lift oder sie müssen raus. Für solche Menschen bauen wir um.

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Über die Autorin

Bild: Niklaus Spoerri

Bild: Niklaus Spoerri

Claudia Nielsen ist Geschäftsführerin der Stiftung Renggergut. Von 2010 bis 2018 war die Ökonomin und SP-Politikerin (Jg. 62) im Zürcher Stadtrat. Als Vorsteherin des Sozial- und Umweltdepartements war sie für die Stadtspitäler, Pflegezentren, Alterszentren und Alterswohnungen zuständig.

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Preisgünstige Wohnungen für Menschen ab 55

Die gemeinnützige Stiftung Renggergut baut das Jahrhunderthaus an zentraler Lage im Stadtteil Wollishofen um. Geplant sind 21 hindernisfreie, zeitgemässe 1- bis 3-Zimmer-Wohnungen mit Küche und Bad. Die Wohnungsmieten richten sich nach dem Prinzip der Kostenmiete, werden also preisgünstig sein, einige voraussichtlich subventioniert. 

Damit kommen die meisten unter die Ergänzungsleistungslimite – wir richten uns an wenig begüterte Menschen . Unnötig zu sagen, dass so etwas Mangelware ist in Zürich. Und es kommt noch besser: Vielfältige Gemeinschaftsflächen ergänzen die eher kleinflächigen Wohnungen – etwa eine besonnte Terrasse im 1. Stock, eine Gemeinschaftsküche, ein Gästezimmer.

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Weitere Gemeinschaftsflächen lassen sich später durch die Mieterinnen und Mieter bestimmen oder anpassen. Vielleicht auch ein paar Arbeitstische mit Drucker, ein Bewegungszimmer oder ein Atelier? Im Erdgeschoss-Gemeinschaftsraum können grössere private oder externe Anlässe stattfinden und vielleicht gelingt es uns, dort regelmässige Essen anzubieten.

Selbstorganisation und Mitbestimmung

Hier wird nicht alles fixfertig entschieden auf dem Silbertablett serviert, sondern die Hausgemeinschaft organisiert sich zu Teilen selbst. Die Verwaltung gibt keinen Waschrhythmus oder Belegungsplan für den Gemeinschaftsraum vor und auch kein Kulturprogramm. Diese Dinge bestreiten die Hausgemeinschaft und deren Mitglieder.

Das Renggergut heute: Hier entsteht eine Hausgemeinschaft für Menschen ab 55. (renggergut.ch).

Bis 2023 soll das Haus saniert werden.

Die neuen Wohnungen befinden sich an einer ruhigen Seitenstrasse.

Durch die Übernahme von Aufgaben für die Gemeinschaft und die Diskussionen lernen sie sich kennen und merken, wer wen wie unterstützen kann. Die Blumen während der Ferien giessen, mal einkaufen gehen, den Abfall in den Container werfen, eine Hand reichen beim Wäsche aufhängen? Für grössere Dienst- und Pflegeleistungen steht die Spitex Zürich bereit – wir prüfen ein Pauschalangebot.

Im Renggergut entsteht eine Gemeinschaft. Lose genug, um Freiheiten zu geniessen oder den Rückzug in die eigene Wohnung und so sozial gestrickt, sodass man bei Lust und Laune zusammen kocht und isst oder merkt, wenn Herr Meier krank ist. Vieles ergibt sich recht zufällig. Beim Umbau des Hauses achten wir auf Orte zufälliger Begegnung wie auf Räume, wo man unverbindlich schaut, wer schon da ist sowie solche, deren gemeinsame Nutzung man plant. Manche Menschen nehmen mehr an dieser Gemeinschaft teil, andere weniger. Soziale Interaktion ist ein primärer Faktor für Gesundheit im Alter.

Einbettung und Ökologie

Die Stiftung hat sich bewusst gegen einen Neubau entschieden. Nebst dem Leben, mit dem sich das 110-jährige Haus wieder füllt, liegt der Charme in seiner Geschichte. Der Umbau belässt die Grundstruktur und bewahrt möglichst viel, seien es Parkettböden, Geländer oder erst recht die Fassadenmalereien, welche dem neuen Logo Pate standen.

Auch über diese Einsparung grauer Energie wird das neue Renggergut recht ökologisch: sparsamer Umgang mit Fläche, Dämmung von Hof-Fassade und Dach, neue Fenster, Fotovoltaik, Biodiversität im Aussenraum, gemeinsame Nutzung energieeffizienter Geräte, Verzicht aufs Auto. Die Chance auf ökologische Fernwärme in den 2030er Jahren steht gut. Das neue Renggergut liegt an einer ruhigen Quartierstrasse und ist doch keine hundert Meter von der Tramhaltestelle entfernt. See, Einkaufsmöglichkeiten und selbst ein Bahnhof sind in Gehdistanz.

Einzug ist 2023 geplant

Gegenwärtig finalisieren wir das Bauprojekt und hoffen auf Mitte Jahr auf Baufreigabe und disponible Bauleute. Bis dahin vermieten wir das Haus Zwischennutzungsspezialistinnen. Der Einzug ist für die zweite Hälfte 2023 vorgesehen – die Mieterinnen und Mieter lernen sich vorher kennen.

Sobald der Umbau beginnt, startet die Anmeldephase für Interessentinnen und Interessenten. Gute Karten haben Menschen aus dem Quartier, mit ausgewiesenem Bedarf oder gesellschaftlichem Engagement. Offenheit gegenüber unterschiedlichen Lebensformen und die Bereitschaft, aufs Auto zu verzichten, setzen wir voraus. Die Stiftung freut sich auf einen bunten Mix künftiger Mieterinnen und Mieter.

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