Peach Weber: «Wer zum Beispiel das Wort Mohrenkopf verbieten will, ist nicht bei Trost»

Der Komiker Peach Weber passt sich nicht dem Zeitgeist an, was andere von ihm halten, ist ihm meist egal. Politische Korrektheit sei zwar wichtig, allerdings könne man es auch übertreiben. So findet er es absurd, wenn man gewisse Wörter wie Indianer oder Mohrenkopf nicht mehr sagen kann.

Peach Weber: «Wer zum Beispiel das Wort Mohrenkopf verbieten will, ist nicht bei Trost»
Ricardo Tarli

Peach Weber, mit dem im März veröffentlichten Impf-Song haben Sie für Wirbel gesorgt, sind deswegen auch angefeindet worden. Waren Sie überrascht, dass Ihr Aufruf zum Impfen so viel Aufsehen erregte?
Peach Weber:
Nein, das Thema ist halt brisant. Schade nur, dass vor allem jene Gehör finden, die am lautesten schreien. Als Komiker bin ich es gewohnt, auch mal eis auf en Deckel zbecho. Damit muss man halt leben. Meine Art von Humor gefällt nun mal nicht allen.

Würden Sie den Song so nochmals schreiben und veröffentlichen?
Natürlich! Mir ist wurscht, was andere davon halten.

Mit Verlaub, aber so ganz nehme ich Ihnen das nicht ab.
Wenn man wie ich seit 45 Jahren auf der Bühne steht, hört man so viel Blödsinn zum Thema Humor, auch von sogenannten Fachleuten. Deshalb habe ich schon vor Jahren aufgehört das zu lesen, was andere über mich und meine Arbeit schreiben oder gesagt haben. Der Erfolg gibt mir recht. Ratschläge oder Kommentare von Besserwissern lassen mich deshalb kalt.

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Wie haben Sie das vergangene Jahr und den Lockdown erlebt?
Eigentlich ganz gut. Corona ist aber schon eine blöde Sache, weil ich nicht mehr auftreten kann. Die Auftritte fehlen mir. Nur zu Hause zu sitzen und nichts arbeiten können, das ist einfach nichts für mich. Ich muss ab und zu auf der Bühne stehen können, dann fühle ich mich am wohlsten. Ich hoffe sehr, dass ich die abgesagten 60 oder 70 Vorstellungen bald nachholen kann. Privat war es so, dass ich meine Tochter, Freunde und Kollegen wochenlang nicht sehen konnte. Das war nicht schön.

Toni Vescoli

Wie verbringen Sie die freie Zeit?
Ich kann mich gut selbst beschäftigen. Es wird mir nie langweilig. Ich schreibe viel, Kolumnen oder Texte für ein nächstes Programm. Ich arbeite aber nicht gezielt an einem neuen Bühnenprogramm. Ich schreibe einfach auf, was mir so in den Sinn kommt. Ich habe zudem ein grosses Haus mit Garten, da gibt es immer etwas zu tun.

Offiziell leben Sie allein, was so nicht ganz stimmt. Gemäss Zwergen-Volkszählung gibt es ungefähr dreissig Gartenzwerge in Ihrem Haus. Sind Gartenzwerge die besseren Menschen?
Nein, für mich sind sie wie gute Hausgeister. Sie beschützen mich und das Haus und sorgen dafür, dass alles seine Ordnung hat.

Gartenzwerge im Haus, ist das eine zwergengerechte Haltung?
Gartenzwerge im Haus finde ich einfach originell.

Eigentlich sind es Hauszwerge.
Ich nenne sie trotzdem Gartenzwerge. Sie sind bei mir zu Gast.

Über Peach Weber

«De Borkechäfer», «Sun-Fun», «Gugguuseli» und «Öberall heds Pilzli draa»: Mit diesen Kultsongs wurde Peach Weber, 68, berühmt. Der ausgebildete Primarlehrer startete seine Karriere als Komiker vor über 40 Jahren. Seither bringt er mit seinem trockenen Humor alle Generationen zum Lachen. Sein aktuelles Bühnenprogramm heisst «Gäxplosion». Mehrere Jahre lang war Weber auch in der Lokalpolitik aktiv als Mitglied im Einwohnerrat seiner Heimatgemeinde Wohlen. Er ist Vater einer erwachsenen Tochter und lebt im aargauischen Hägglingen.

Machen wir einen Sprung zurück in die Achtzigerjahre. Mit dem Blödelsong «Sun, fun and nothing to do» landeten Sie 1986 einen Sommerhit. Als meine Frau ihn vor wenigen Wochen zum ersten Mal hörte, war ihr Kommentar: «Ein ausgesprochen männlicher Blick auf das Strandgeschehen.» Würde man den Song heute veröffentlichen, wäre der Shitstorm vorprogrammiert. Darf man trotzdem darüber lachen?
Ich verstehe ja Ihre Frau, wenn Sie den Song aus heutiger Sicht nicht so geil findet. Hallo, der Song ist 35 Jahre alt! Aber mit der politischen Korrektheit kann man es auch übertreiben, finde ich. Eigentlich ist es ein ganz harmloser Text. Die MeToo-Debatte und die daraus folgende Diskussion über strukturellen Sexismus in der Gesellschaft war und ist enorm wichtig. Teilweise wird aber schon übers Ziel hinausgeschossen. Das passiert auch beim Thema Rassismus. Ich denke da vor allem an die Diskussion um das Wort Mohrenkopf oder an das N-Wort im Kasperlitheater. Wer das verbieten will, ist nicht bei Trost.

Sie sind ein Urgestein der Schweizer Comedyszene und treten mittlerweile mit ihrem 16. Bühnenprogramm auf. Passen Sie Ihre Gags dem Zeitgeist an?
Nein, auf den Zeitgeist gebe ich nicht viel. Eigentlich habe ich ja Standup-Comedy für die Schweiz erfunden, halt im Sitzen. Ich bleibe mir selbst und meinem Publikum treu. Ich muss mich nicht «weiterentwickeln», wie mir selbsternannte Fachleute oft geraten haben. Wenn das, was ich mache, beim Publikum nicht mehr ankommt, dann höre ich einfach auf. Punkt.

Was ist Kunstfigur und was der echte Peter Mario Weber auf der Bühne?
Da gibt es tatsächlich kaum einen Unterschied. Sonst würde die Komik nicht funktionieren. Auf der Bühne mache ich die gleichen Witze wie in einer ausgelassenen Runde mit Freunden. Auch privat trage ich gerne ein Käppi und Hawaii-Hemd. Der einzige Unterschied liegt beim Tempo: Im Alltag haue ich natürlich nicht Gags am laufenden Band raus.

In einer Zeitung sind Sie als «schräger, gemütlicher Onkel, fern von Besserwisserei» und «witzelnder Depp, den man einfach gerne haben muss» bezeichnet worden. Fühlen Sie sich als Komiker, der kein politisches Kabarett macht, oft belächelt oder unterschätzt?
Damit beschäftige ich mich nicht, es ist mir wurscht. Ich lese weder Kritiken noch Kommentare auf Facebook. Nicht jeder muss mich lustig finden. Ich finde es aber billig, sich über einen Komiker und seine angebliche Einfältigkeit lustig zu machen. Es gibt leider viele Möchtegern-Intellektuelle, die über meinen Humor die Nase rümpfen. Sie trauen sich nicht, darüber zu lachen, weil sie befürchten, als Kulturbanause abgestempelt zu werden. Das zeugt nicht gerade von Selbstbewussein. Es gibt doch nichts Befreienderes als über irgendeinen Blödsinn lauthals lachen zu können.

Beni Thurnheer

Und wenn sich jemand darüber beklagt, weil sie oder er sich verletzt oder beleidigt fühlt?
Genau das ist ja das verkorkste heutzutage. Wir haben Angst zu lachen, weil wir glauben, dass sich irgendwer oder eine Minderheit verletzt fühlen könnte. Weshalb dürfen wir nicht mehr Indianer oder Schwarzer sagen? Das ist doch absurd. Wohin wird das führen? Ein lustiger Spruch oder Witz geht doch immer ein bisschen auf Kosten anderer. Wir müssen mit dieser Überkorrektheit aufhören. Sonst ist die Komik tot. Oder wir können nur noch Witz machen über ein Häsli, das ein Rüebli verschluckt … nein, der ist ja genauso sexistisch ...

Wie geht noch gleich das Gedicht mit dem Rehli und dem Seeli?
So genau kann ich mich nicht mehr erinnern, ist schon dreissig Jahre her, aber ich versuchs trotzdem: Wiehnacht esches bald / Es wiehnächtelet im Wald / Du gseehsch es herzigs Rehli / S’versuuft grad imene Seeli.

Sie gehen auf die 70 zu. Mit welchen Bräschteli haben Sie im Alltag zu kämpfen?
Mit allen, die man landläufig hat in diesem Alter. Ich brauche eine Lesebrille, und wenn ich mich bücke, gibts irgendwo ein Geräusch. Nach zwei Stunden plaudern in der Beiz brauche ich immer ein Weilchen, bis ich wieder in die Gänge komme. Insgesamt nichts Spektakuläres. Alles in allem fühle ich mich dem Alter entsprechend gesund, wofür ich dankbar bin.

Wie stellen Sie sich ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben vor, falls Sie einmal pflegebedürftig werden sollten?
Ich war ein Leben lang mein eigener Chef. Autonomie ist mir deshalb sehr wichtig, auch im Alter. Ich bin pflegeresistent, das heisst ich lasse mich nicht gern pflegen oder bemuttern, wenn ich krank bin. Die Vorstellung, ich wäre in einem Zustand, in dem ich nicht mehr selbstständig gehen, essen oder mich anziehen könnte, ist einfach nur schrecklich. Sollte es so weit kommen, dann würde ich wahrscheinlich sagen «So, das wars, tschüss zäme!» Ich bin Mitglied von Exit.

Haben Sie weitere Vorsorgemassnahmen getroffen?
Ja, sowohl einen Vorsorgeauftrag wie auch eine Patientenverfügung. Mir ist wichtig, dass meine Tochter und die weiteren Angehörigen wissen, dass ich nicht um jeden Preis weiterleben will, so wie meine Mutter. Sie war 79, als sie die zweite Chemotherapie hätte machen sollen. Sie wollte das alles nicht mehr mitmachen. Wir haben ihre Entscheidung respektiert und mitgetragen.

Ihre Abschiedsvorstellung haben Sie für 2027 geplant. Die Abendvorstellung ist schon ausverkauft, für den Nachmittag gibt es noch Tickets. Hand aufs Herz, ist nach dem 15. Oktober 2027 wirklich Schluss?
Ja, ich gehöre nicht zu denen, die sagen, ich höre jetzt auf, um dann ein Comeback zu feiern und zehn Jahre lang weiterzumachen.

Finanziell wäre das bestimmt lukrativ.
Mag sein. Ich habe immer gesagt, am 15. Oktober 2027 ist definitiv Schluss. An dieses Versprechen will ich mich auch halten. An diesem Tag werde ich 75 Jahre und 1 Tag alt sein. Nach der Vorstellung werde ich die Stühle zusammenräumen und das Hallenstadion fegen. Die Lokalität muss besenrein übergeben werden. Danach isch endgültig fertig luschtig.

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